Kleinbahn AG Ziesar - Groß Wusterwitz
(KZG)
Kleinbahn AG Groß
Wusterwitz - Ziesar - Görzke
Ziesarer Kleinbahn AG
Strecke Wusterwitz -
Ziesar in einer Landkarte von 1953, die
Stichstrecke von Rogäsen nach Karow war
trotz Stilllegung noch immer eingezeichnet,
Foto: Slg H. M. Waßerroth
Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden in
Deutschland wie ein Netz immer mehr
Eisenbahnlinien, die als Hauptbahnen die
wichtigen Zentren miteinander verbanden. Von
Berlin gingen diese Linien strahlenförmig
aus. Das dazwischen liegende Land blieb
unberücksichtigt, blieb von den sich
entwickelnden Verkehrsströmen abgekoppelt.
Schon bald zeigte sich, dass ein
Bahnanschluss wirtschaftlichen Aufschwung
bedeutete. Nur äußerst selten entstanden
Nebenbahnen, um die weiten Maschen des
Eisenbahnnetzes zu verkleinern. Mit der
Schaffung der Möglichkeit gegen Ende des 19.
Jahrhunderts, auch Bahnen untergeordneter
Ordnung und in vereinfachter Anlage zu
bauen, schlug die Stunde der sogenannten
Kleinbahnen. Viele bisher nicht von der
Eisenbahn erschlossene Gegenden sahen nun
ihre Chance, durch den Bau einer Kleinbahn
an das Eisenbahnnetz angeschlossen zu werden
und so auch mehr am wirtschaftlichen
Aufschwung teil zu haben.
1896 erhielt die Töpferstadt Ziesar mit den
Bahnhöfen Ziesar West und Ziesar Ost über die
schmalspurigen Kleinbahnen des Kreises
Jerichow I (KJI) in Burg bei Magdeburg einen
Anschluss an die Berlin - Magdeburger
Eisenbahn. Ziesar orientierte sich aber mehr
nach Brandenburg. Zwar sollte die KJ I über
Ziesar hinaus über Wenzlow nach Brandenburg
weitergeführt werden, dieses Vorhaben wurde
trotz einiger Vorarbeiten (Planierungen und
Brückenbauten) aber alsbald aufgegeben. Man war in Ziesar
nicht sonderlich zufrieden mit seinem
Eisenbahnanschluss. Burg war weit entfernt
und das brachte bei einer Schmalspurbahn
lange Fahrzeiten und das lästige Umladen der
Güter.
Im Sommer 1898 begannen im nahen Genthin
durch das Eisenbahnbauunternehmen Lenz & Co
die Bauarbeiten für die Kleinbahnen von
Genthin nach Schönhausen und nach Milow der
"Genthiner Kleinbahn AG" (GeK). In Ziesar
wurde dieser Bau mit großem Interesse
verfolgt. Als dann diese Bahnen die in sie
gesetzten Erwartungen erfüllten und bereits
nach kurzer Zeit einen Betriebsüberschuss
erwirtschafteten fiel in Ziesar, damals zum
Kreis Jerichow II gehörend, der Entschluss,
sich ebenfalls für den Bau einer
normalspurigen Kleinbahn einzusetzen. Dem
Antrag auf Konzession einer Kleinbahn von
Großwusterwitz (damaliger Name für
Wusterwitz) über Rogäsen nach Ziesar wurde
mit Urkunde vom 08.06.1901 stattgegeben.
Bereits am 21.05.1901 gründete man die
"Kleinbahn AG Ziesar - Groß Wusterwitz" mit
einem Stammkapital von 852.000 Mark. Mit dem
Bau und Betrieb wurde ebenfalls die Firma
Lenz & Co beauftragt.
Der frühere Bahnhof Ziesar zur
Betriebseröffnung am 01.10.1901 vom Dach des
Lokschuppens gesehen,
Foto:
unbekannt,
Slg: F. Barby †
Die vorhandene
Topografie stellte für den Bahnbau keine
großen Probleme dar. Zwischen Warchau und
Rogäsen musste das Wusterwitzer (Gollwitzer) Höhenland,
heut als Karower Platte bezeichnet,
welches die umgebenden Niederungen in
Spitzen bis zu mehr als 30 Meter überragt,
überwunden werden. An seinen Rändern waren
in den Rampen längere Dämme und Einschnitte erforderlich.
Personenzug von Großwusterwitz im
Einschnitt bei Warchau Anfang zweite Hälfte
der 1960er Jahre,
Foto: unbekannt, Slg. H.M.Waßerroth
Personenzug von Großwusterwitz im
Einschnitt bei Rogäsen um 1910,
Foto:
unbekannt, Slg Kreismuseum Genthin
Aufnahme aus einem Personenzug Richtung
Wusterwitz, gezogen von einer Lok der BR 24,
nahezu an der gleichen Stelle 55 Jahre
später, am 03.07.1965 aufgenommen,
Foto: H.-J. Bürger †, Repro Slg. H. M.
Waßerroth
Bahnhof Warchau kurz nach
Betriebseröffnung, Foto: unbekannt, Slg H. M. Waßerroth
Das südlich der Hochfläche gelegene Fiener
Bruch wurde mittels eines langen Dammes
durchquert und der etwa in der Mitte
verlaufende Hauptgraben mit einer
Stahlträgerbrücke, dem größten Kunstbau der
Strecke, überbrückt. So konnte die gesamte
15,4 km lange Strecke bereits am 01.10.1901
für Personen- und Güterverkehr in Betrieb
gehen. Der Endbahnhof Ziesar entstand am
nördlichen Stadtrand an der Straße nach
Bücknitz kurz vor den KJ I-Gleisen des
Bahnhofes Ziesar Ost, von dem die KJ I mit
einem Überladegleis anschloss. Der Bahnhof
Ziesar war mit einem repräsentativen
Bahnhofsgebäude der Betriebsmittelpunkt der
Kleinbahn. Somit hatte Ziesar nun 3
Bahnhöfe, "Ziesar West" und "Ziesar Ost" in
Schmalspur und "Bahnhof Ziesar" in
Normalspur.
Planung zur Anlage des neuen Bahnhofs Ziesar
mit Achse des Hauptgleises und der Gebäude
für den Bahnhof der Kleinbahn
vor dem Bahnhof der Schmalspurbahn im Jahr
1901, Slg H. M. Waßerroth
Der frühere Bahnhof
Ziesar zur Betriebseröffnung am 01.10.1901,
Slg: F. Barby †,
Foto: unbekannt
Erster Fahrplan für
die Kleinbahn von
Großwusterwitz nach
Ziesar von 1901,
Quelle:
Landesarchiv
Sachsen-Anhalt Magdeburg, Slg:
H. M. Waßerroth
Im Geschäftsjahr 1902/03 wurden 30.938
Personen und 133.387 t Güter befördert.
Bald dachte man über Streckenerweiterungen
nach. Vor allem die keramischen Betriebe und
die Land- und Forstwirtschaft in Görzke
hatten großes Interesse an einem
Bahnanschluss. So beschloss man auf der
Versammlung am 27.06.1910 die Verlängerung
der Kleinbahn von Ziesar nach Görzke und die
Erhöhung des Stammkapitals um 619.000 Mark.
Außerdem wurde die KZG in "Kleinbahn AG
Großwusterwitz - Ziesar - Görzke" umbenannt.
Am 11.08.1911 war die Eröffnung der 12,5 km
langen
Streckenverlängerung. Der Bahnhof Görzke
erhielt neben einem massiven
Bahnhofsgebäude mit Güterschuppen ebenfalls
einen zweiständigen Lokschuppen mit den
entsprechenden Anlagen. Bis zur Übernahme
durch die Deutsche Reichsbahn waren hier
zwei Lokomotiven stationiert.
Wegen des Weiterbaues
der Strecke nach Görzke musste die KJ I
ihren Endbahnhof "Ziesar Ost" um 300 m zurück verlegen. Ein
neuer Endbahnhof der Schmalspurbahn mit
Bahnsteig, Ladestraße und neuem
Überladegleis wurde nördlich des
Normalspurbahnhofes gebaut, außerdem gab es
noch ein Anschlussgleis zu einer
Kohlenhandlung.
Bahnhof Ziesar nach der Streckenverlängerung,
in diesem Zusammenhang erhielt der Bahnhof
kleinere Veränderungen,
Foto: Bestand
Haack, Genthin,
Quelle: Slg.
Kreismuseum
Jerichower Land,
Genthin
Bahnhof Görzke kurz nach Eröffnung der
Streckenverlängerung,
Foto:
unbekannt, Slg Kreismuseum Genthin
Bahnhof Rogäsen 1910 mit Zug nach
Ziesar, vor der Erweiterung, Foto:
unbekannt, Slg H. M. Waßerroth
Kurze Zeit vorher beschlossen die Aktionäre
auf Betreiben von Graf v. Wartensleben den
Bau der Stichbahn von Rogäsen nach Karow und
die damit verbundene erneute Erhöhung des
Stammkapitals um 210.000 Mark. Graf v.
Wartensleben gehörte das große Gut in Karow
und er war von 1901 bis 1923 Vorsitzender
des Aufsichtsrates der Kleinbahn-AG. Diese
5,9 km lange Stichbahn ging mit Eröffnung am
04.02.1912 in Betrieb. Sie zweigte im bis da
zweigleisigen Bahnhof Rogäsen, der hierfür
um ein drittes Gleis erweitert wurde, ab.
Der Endbahnhof Karow lag vor dem
Ortseingang, seine Anlagen wurden recht
sparsam ausgeführt. Am Streckenende stand
ein eingleisiger Lokschuppen mit Toren an
beiden Stirnseiten. Er beheimatete eine
Bn2t-Maschine des Lenz-Typs c. Nach
Änderung des ursprünglichen Betriebsablaufes
ab 1923 wurde der Schuppen
nicht mehr gebraucht und deshalb 1933
abgerissen. Fortan fuhr das einzige
tägliche Zugpaar über Rogäsen weiter bis
Groß Wusterwitz. Während des ersten
Weltkrieges fand hier kein Personenverkehr
statt.
Bahnhof Karow kurz nach
Betriebseröffnung, am linken Bildrand ist
eine Ecke des Lokschuppens zu sehen,
Foto: unbekannt, Slg H. M. Waßerroth
Nicht nur an den Endpunkten, sondern auch
auf vielen Zwischenstationen hatte die
Kleinbahn von Groß Wusterwitz über Ziesar
nach Görzke repräsentative Bahnhofsgebäude,
was bei Kleinbahnen eher selten war.
Um 1908 wurde ein altes Projekt wieder
aufgegriffen. Jedoch setzte sich nach langen
Querelen eine andere Variante durch. Nicht
Genthin -Tucheim - Ziesar oder Genthin -
Tucheim - Altengrabow solle gebaut werden,
sondern Ziesar - Tucheim - Güsen. Darauf
verständigten sich die Aktionäre auf ihrer
Versammlung am 21.02.1914. Sie beschlossen
außerdem die weitere Erhöhung des
Stammkapitals auf nun 3,021 Millionen Mark
und die erneute Umbenennung in
"Ziesarer Kleinbahn AG" - ab
01.05.1914. Auf Grund des Ersten Weltkrieges
konnte die Verbindung von Güsen
nur in mehreren Etappen eröffnet werden. Die
gesamte Strecke wurde am 02.04.1917 in
Betrieb genommen. Gleichzeitig
entstand in Ziesar 800 m weiter südlich ein neuer Bahnhof, der
näher am Stadtzentrum lag. Der bisherige
Normalspurbahnhof Ziesar wurde
daraufhin aufgegeben. Ziesar blieb
Betriebsmittelpunkt und der neue 1916 in
Betrieb genommene Bahnhof bekam ein
entsprechendes repräsentatives
Bahnhofsgebäude, einen separaten
Güterschuppen und wieder einen zweiständigen
Lokschuppen mit allen erforderlichen
Anlagen.
Die KJ I musste zum neuen
Ziesarer "Hauptbahnhof" ein Gleis bauen und
dort ein Umsetzgleis anlegen. Der
Übergangsverkehr blieb jedoch gering. 1947
wurden die Schmalspurgleise ab Ziesar West
stillgelegt und abgebaut.
(zu
einem kurzen Abriss zur KJ I in
Ziesar)
Die angestrebte weitere Verlängerung von
Görzke nach Wiesenburg/Belzig kam nicht zur
Ausführung.
Schon seit Bestehen der KZG und GeK gab es
ein gutes Verhältnis zwischen
beiden Kleinbahnen. Dies wurde schließlich durch einen Vertrag, der
eine
gemeinsame Verwaltung, gemeinsame Betriebsführung sowie
den Austausch von Betriebsmitten und
Personal beinhaltete, geregelt. Am 28.3.1923
schließlich verschmolzen beide
Gesellschaften zur Kleinbahn AG Genthin - Ziesar.
Ab 05.11.1923 firmierten beide Kleinbahnen
unter dem gemeinsamen Namen "Kleinbahn AG
Genthin - Ziesar" mit Sitz in Genthin.
Der Name wurde am 12.11.1930 nochmals geändert in
"Kleinbahn
AG Genthin".
Als letzte Streckeneröffnung folgte am
25.03.1925 endlich die Verbindung der
Strecken der ursprünglichen GeK und der KZG.
Der Bau der Linie Güsen-Jerichow war als
Arbeitsbeschaffungsmaßnahme bereits
im Frühjahr 1919 begonnen, aber
durch die einsetzende Inflation immer wieder
unterbrochen worden.
Nach Inflation und Weltwirtschaftskriese
stabilisierten sich die Betriebsergebnisse
wieder. Die immer mehr
aufkommende Konkurrenz des Kraftverkehrs
machte sich aber bemerkbar. Wie bei vielen Kleinbahnen hatte
auch die Strecke Wusterwitz - Görzke eine
nahezu parallel verlaufende Landstraße in
direkter Nachbarschaft.
Bahnhof Görzke kurz nach seiner
Inbetriebnahme auf
einer alten Postkarte,
Foto: unbekannt, Slg H. M. Waßerroth
Kleinbahnhof Groß Wusterwitz
um 1920 auf
einer alten Postkarte,
Foto: unbekannt, Slg H. M. Waßerroth
Lageplan Bhf. Wusterwitz mit den
Kleinbahnanlagen vom Februar 1933, Repro: © H.M.Waßerroth
(Zum
vergrößerten Lageplan des
gesamten Bahnhofs
Wusterwitz vom
Februar 1933 mit
Korrekturen und Einbesserungen
in rot vom 17.04.1946
nach den
Gleisdemontagen,
Repro: ©
H.M.Waßerroth)
Ausschnitt Deutsches Kursbuch
Sommer 1936, 15. Mai bis 03. Oktober,
Repro: © H. M. Waßerroth
Triebwagen T 13 in Ziesar mit verdunkelten Laternen
im Kriegsjahr 1943 abfahrbereit nach Görzke,
Foto: unbekannt, Slg. H.M.Waßerroth
Mit Näherrücken der Front im Frühjahr 1945
geriet auch die ex KZG in das Kampfgebiet.
Im April 1945 war kein planmäßiger Betrieb
mehr möglich und zum Ende April musste der noch verbliebene
Verkehr der Bahn ganz eingestellt werden.
Nennenswerte Schäden an der Strecke waren
nicht vorhanden, so dass der Verkehr in
bescheidenem Umfang zwischen Wusterwitz und
Görzke bereits am 22.05.1945 wieder
aufgenommen werden konnte.
Die Verhältnisse nach dem Zweiten Weltkrieg
brachten auch eine neue Organisation der
Betriebsführung. Da die Betriebsverwaltung
der Kleinbahn AG Genthin in der Provinz
Sachsen, in Genthin angesiedelt war, wurden
alle Strecken der AG ab 11.03.1946 der Hauptabteilung
Wirtschaft der Provinz Sachsen unterstellt.
Ausschnitt
Reichsbahn-Kursbuch Sowjetische
Besatzungszone vom 04.11.1946, ein Fahrplan
für den Streckenast von Warchau nach Karow
war nicht enthalten; Repro:
© H. M. Waßerroth
Zum 01.01.1947 übernahm dann die neu
gegründete Sächsische Provinzbahnen GmbH die
Betriebsführung. Ab 16.08.1948 ging die
Verwaltung auf die Vereinigung Volkseigener
Betriebe (VVB) des Verkehrswesens
Sachsen-Anhalt über.
Wie alle Kleinbahnen in der damaligen
sowjetischen Besatzungszone, wurden auch die
Genthiner Kleinbahnen am 01.04.1949 von der
Deutschen Reichsbahn übernommen, somit auch
die Strecken der ex KZG. Bald darauf, am
03.10.1951, wurde die nur schwach ausgelastete
und eher unrentable Zweigstrecke Rogäsen –
Karow zur Gewinnung von Oberbaumaterial
stillgelegt und bis 1952 abgebaut.
Im Zuge einer Verwaltungsreform kamen
im Jahre 1952 die Orte an der Strecke, die
früher zum Landkreis Jerichow II (ab 1950
Kreis Genthin) in der Provinz Sachsen (ab
1947 Land Sachsen-Anhalt) gehörten, zum
Bezirk Potsdam und damit 1990 zum Bundesland
Brandenburg.
Personenzug in Ziesar Richtung
Wusterwitz, am 03.07.1965 aufgenommen
(leider keine bessere Aufnahme),
Foto: H.-J. Bürger †, Repro Slg. H. M.
Waßerroth
Ausschnitt DR-Kursbuch Sommer 1966, 22. Mai
bis 24. September; Repro: © H. M.
Waßerroth
Lok 24 009 wartet mit typischem
Personenzug mit Güterbeförderung im
September 1968 im
Bahnhof der Kleinbahn in Wusterwitz auf die Abfahrt nach Ziesar,
hinten das Bahnhofsgebäude der Staatsbahn,
Foto: Hans van Engelen, Slg H. M. Waßerroth
Zuggarnitur mit
V 23 026 und VB 147
554 nach Görzke in
Ziesar, Aufnahme
zwischen 1968 und
1970,
Foto: F. Barby †,
Quelle: Slg.
Kreismuseum
Jerichower Land,
Genthin
der
letzte Fahrplan von Wusterwitz nach Ziesar
Ausschnitt DR-Kursbuch Winter 1970/71, 27. September
1970 bis 22. Mai 1971; Repro: © H. M.
Waßerroth
Mit Zunahme des Kraftverkehrs und Ausbau der
Straßen kam es zu einer immer stärkeren
Konkurrenz. Über die nahezu parallel
verlaufende Landstraße Wusterwitz - Ziesar
und Ziesar - Görzke
konnten die ohnehin nur schwachen
Verkehrsleistungen der Bahn effizienter
bewältigt werden. Daran änderte auch die
Einführung des Vereinfachten
Nebenbahndienstes (VND) ab 01.07.1957
nichts. Hierbei wurde der Bahnhof Ziesar zur
Zugleitstelle und nur noch hier mit einem
Fahrdienstleiter besetzt. Der Bahnhof
Wusterwitz (Kleinbahn) gehörte als Zugmeldestelle nicht
zur Zugleitstrecke. Alle anderen Stationen
waren unbesetzte Zuglaufstellen.
Ab Mitte der 1960er Jahre verringerten sich
die Verkehrsleistungen immer stärker. Die
Einrichtung der Bahnhöfe Ziesar und Görzke
in Wagenladungsknoten änderte daran nichts.
Trotzdem blieb der Fahrplan über die letzten
Jahre nahezu unverändert. Zum
Fahrplanwechsel am 25.05.1968 endete der
planmäßige Dampflokeinsatz und fortan kamen
nur noch Dieselloks der BR V 23 neben der
schon seit Anfang der 1960er Jahre in Ziesar
beheimateten V 15 2218 zum Einsatz.
Ohne große Anteilnahme der Bevölkerung gingen
am 22.05.1971
mit Beendigung des Personen- und
Güterverkehrs auf der Stammstrecke der KZG von Wusterwitz
nach Ziesar 70 Jahre
Kleinbahngeschichte zu Ende.
Ausschnitt DR-Kursbuch Sommer 1971, 23. Mai
bis 25. September 1971; Repro: © H. M.
Waßerroth
Die Strecke ging bis Bücknitz zum
Fahrplanwechsel außer Betrieb, wurde aber vorerst nicht
abgebaut. Sie diente von 1972 ab von
Wusterwitz bis Bücknitz zum Abstellen
schadhafter und nicht mehr benötigter
Güterwagen der Reichsbahn. Vornehmlich
umgebaute O-Wagen für den Kalitransport und
Kühlwagen wurden hier abgestellt und
warteten auf ihre Verschrottung. Sogar die
vorhandene Freileitung für den
Streckenfernsprecher blieb erhalten und
wurde weiter gepflegt.
Unter vorgehaltener Hand galt die Strecke trotz ihres
schwachen Oberbaus als strategische Reserve
für das Staatsreservelager der Nationalen
Volksarmee der DDR in Bücknitz, dem
Russenlager an der Herrenmühle bei Bücknitz und die 1934/35
errichtete Luft-Munitionsanstalt 4/III in Buckau,
angeschlossen in km 21,60 an der Strecke von Ziesar nach Görzke, welche
auch
von den
sowjetischen Besatzungstruppen nach 1945 für
Bomben und Luft-Luft-Raketen weiter genutzt wurde.
Haupteingang mit
Wach- und
Verwaltungsgebäude
um 1935,
Foto: unbekannt,
Quelle: Slg. D.
Müller, Ziesar
Garagenhof mit
Werkstätten um 1935,
Foto: unbekannt,
Quelle: Slg. D.
Müller, Ziesar
Rangierlok RL 7
(oder RL 8) der
Luftmunitionsanstalt um 1935,
Foto: unbekannt,
Quelle: Slg. D.
Müller, Ziesar
|
Nach Einstellung des Betriebes zwischen
Wusterwitz und Ziesar entstand im Wald
westlich von Bücknitz ein Lager für
Versorgungsgüter als Staatsreserve im
Ernstfall. Dieses Lager erhielt einen
Gleisanschluss in km 13,36, der von Ziesar aus bedient
wurde. 1974 ging das Lager mit zwei eigenen
Kleinloks vom Typ V 22 B, Betriebs-Nr. 262
504 und 262 505 in Betrieb. Zu diesem Zweck
wurde die Strecke von Ziesar bis Bücknitz
und bei dieser Gelegenheit auch der
langgestreckte Bogen des Anschlussgleises
zur Herrenmühle bis zum Bahnübergang mit der
Landstraße 96 für 21 t Achslast umgebaut.
Anhang III zur Dienstvorschrift für die
Ermittlung der
Betriebsleistungen der Rbd Magdeburg, gültig ab
01. Juni 1974; hier
nur der Hinweis,
dass der Betrieb
von/nach Wusterwitz
eingestellt ist, Repro: © H. M.
Waßerroth
Das Anschlussgleis bis zur Herrenmühle,
abzweigend in km 15,15, entstand wohl nach Einstellung des
Mahlbetriebes als Wassermühle und Umbau zur
Papierfabrik. (Im 1911 aktualisierten
Messtischblatt 3739 Ziesar war das Gleis
noch nicht enthalten.) Die Bedienung erfolgte
ebenfalls von Ziesar
aus.
Etwa im Zeitraum von 1942 bis Herbst 1943
wurde neben dem Anschlussgleis vor der
Herrenmühle das Heeres-Neben-Panzer-Zeugamt
(HNPZa) Ziesar der Wehrmacht errichtet.
Unterstellt war es dem Heeres-Panzer-Zeugamt
Königsborn bei Magdeburg. Zur Bedienung mit
der Bahn erhielt das HNPZa Ziesar einen
Gleisanschluss vom Anschlussgleis der
Herrenmühle, der mit zwei Ladegleisen
(10a und 10b) im Objekt mündete. Bereits zum
Kriegsende war Gleis 10a nicht mehr
vorhanden. Nach dem Zweiten Weltkrieg
nutzten die sowjetischen Besatzungstruppen
das Lager bis zum Abzug am 15.10.1991
weiter.
In den ABest VND Heft 2
(Ausführungsbestimmungen zur
Dienstvorschrift für den vereinfachten
Nebenbahndienst der Rbd Magdeburg), gültig
ab 28.09.1980 war der Anschluss Herrenmühle
nicht mehr verzeichnet.
Das Anschlussgleis mündet noch heute
in den verbliebenen Torso der Strecke kurz
vor dem damaligen Endbahnhof "Bahnhof
Ziesar".
Anschluss zur
Herrenmühle Bücknitz am 22.02.1990,
Foto: Chr. Dunger,
Quelle: Slg.
Kreismuseum
Jerichower Land,
Genthin
Bogen des Anschlussgleises zur
Herrenmühle Bücknitz vom Streckengleis aus
gesehen,
Aufnahme 01.03.2018, Foto: © H. M.
Waßerroth
Übergabegleise im Anschluss
Herrenmühle Bücknitz für das Militärlager,
Aufnahme Februar 2003, Foto: © H. M.
Waßerroth
Zugewachsene Strecke in der Rampe vom
Wusterwitzer (Gollwitzer) Höhenland hinunter
zum Fiener Bruch bei Rogäsen, Aufnahme
24.05.1989, Foto:
© H. M. Waßerroth
Nach und nach wurden die abgestellten
Güterwagen wieder abgezogen und der
Verschrottung zugeführt. Die Strecke bis
Bücknitz verfiel in einen Dornröschenschlaf
und wuchs langsam zu. Um 1988 erinnerte man
sich der alten, nun wohl nicht mehr nötigen
Schienen als wertvollen Schrott für die
Volkswirtschaft. In der ersten Hälfte 1989 begann
ab Wusterwitz der Rückbau der immer noch
nicht offiziell stillgelegten Strecke
Richtung Ziesar mit Unterstützung des in der
damaligen Reichsbahndirektion Magdeburg
ansässigen Baubetriebes in Königsborn. Zuvor
mussten die teilweise schon recht
stattlichen Bäume im Gleis gerodet werden.
Selbst die Politzeitung der Direktion
Magdeburg berichtete über den Streckenabbau
und den heroischen Einsatz der FDJ-ler beim
Bergen des Schrottes für die FDJ-Aktion "Max
braucht Schrott".
Entfernte Schienen während des
Streckenrückbaus bei Rosenthal
(Blickrichtung Warchau),
Aufnahme
24.05.1989, Foto:
© H. M. Waßerroth
Bogen vor Warchau
(Blickrichtung Warchau), Ende der 1950er/Anfang der 1960er Jahre
wurden in vielen Abschnitten die Holzschwellen
gegen Betonschwellen, vielfach mit dem damals typischen
Federnagelbau, ausgetauscht,
Aufnahme
24.05.1989, Foto:
© H. M. Waßerroth
Ausschnitt aus "Der Funke" 11/1989, Repro: © H. M.
Waßerroth
Bahnhof Wusterwitz, heute wachsen auf dem
ehemaligen Kleinbahngelände bereits
stattliche Bäume,
Aufnahme 05.04.1999, Foto:
© H.M.Waßerroth
Die verbliebenen Gleise des
Kleinbahn-Bahnhofs dienten 1993 noch zum
Abstellen der Bauwagen beim Streckenausbau
Berlin - Magdeburg, dann waren sie nutzlos
und wurden nach und nach
entfernt, Aufnahme 05.04.1999, © H.M.Waßerroth
Bei km 6,3 wurde mitten auf freiem Feld der
Streckenrückbau plötzlich abgebrochen und
man ließ die zum Abbau vorgesehenen Gleise
bis Bücknitz vorerst einfach liegen. Durch
die wirtschaftlichen Veränderungen in Folge
des 09.11.1989 brach der Güterverkehr bei
der Reichsbahn auch durch die zunehmende
Verlagerung auf die Straße stark ein und
viele Güterwagen wurden nicht mehr benötigt.
Vor allem die für den Stückgutverkehr
genutzten Gbs-Wagen waren überflüssig
geworden. So nutzte man die noch
verbliebenen Gleise zwischen km 6,3 und
Bücknitz wieder zum Abstellen von
überzähligen und ausgemusterten Güterwagen.
Dies wurde aber bald zum öffentlichen
Ärgernis der in der Nähe befindlichen
Ortschaften. Die abgestellten Güterwagen
entwickelten sich zu einem Eldorado für
Vandalen und führten auch vermehrt zur
Selbstbedienung durch Langfinger. Alles was
irgendwie zu Geld gemacht werden konnte,
wurde abgebaut und geklaut. Einige der
Anwohner nutzten die Wagen sogar als
günstige Mülldeponie, um ihre eigenen
Müllgebühren zu sparen. Bis zum Ende 1993
wurden dann alle Wagen wieder abgefahren.
Abgestellte Güterwagen bei Rogäsen,
Aufnahme 16.05.1991, Slg. H.M.Waßerroth
Schier endlos war die Wagenschlange der abgestellten Güterwagen
hier bei Rogäsen im Fiener Bruch,
Aufnahme 16.05.1991, Slg. H.M.Waßerroth
Die ca. 120 abgestellten Wagen zwischen km
6,3 und Rogäsen waren die letzten Wagen, die
die Strecke nutzten. Da auch die Rampe zur
Gollwitzer Hochfläche mit Wagen voll
gestellt wurde, hat man die Wagen
an Unterbrechungen, zum Beispiel an
Überwegen, talseitig mit
einer Achse von den Schienen gehoben und so
gegen ein Herabrollen gesichert. Am Ende des
noch vorhandenen Gleises sollte ein
Schwellenkreuz, ein Radvorleger und eine Sh
2-Scheibe den Gleisabschluss in mitten von
Feldern sichern, was aber nichts nützte. Die
letzten 2 Wagen wurden über das
behelfsmäßige Gleisende hinaus geschoben.
Beim Abziehen des Zuges wurden die beiden Wagen
nicht wieder aufgegleist und verblieben
somit an
Ort und Stelle.
Talseitig
ausgegleister Wagen
bei Rogäsen,
Aufnahme:
16.05.1991, Foto:
Slg. H. M. Waßerroth
Die letzten 2 Güterwagen einsam und
verlassen, die Telegraphenleitung scheint
noch voll intakt, Aufnahme 1994,
Foto: © H.M.Waßerroth
Die letzten 2 Güterwagen, oder was davon
noch übrig war, Aufnahme 05.04.1999, Foto:
© H.M.Waßerroth
In einem großen Bogen erreichte die
Strecke vom Wusterwitzer (Gollwitzer)
Höhenland kommend den Bahnhof Rogäsen,
nachdem alle alten Güterwagen abgezogen
waren eroberte die Natur die Bahntrasse
zurück,
Aufnahme 05.04.1999, Foto:
© H.M.Waßerroth
Obwohl 6,3 km Strecke bereits im 1. Halbjahr
1989 abgebaut wurden, erfolgte erst zum
01.05.1996 die offizielle Stilllegung der
Strecke Wusterwitz - Ziesar.
Nachdem alle Güterwagen abgezogen waren und
nach der Entwidmung der Bahnanlagen in
Rogäsen war
im Bahnhofsbereich Rogäsen für die dort
niedergelassene Firma
Stenger der Weg frei, ihre
Produktionsanlagen zu erweitern. Bisher
beschränkte man sich mit dem
"Bahnhofsvorplatz". Das ursprüngliche
Bahnhofsgebäude existierte schon lange nicht
mehr.
Am Bahnhof Rogäsen firmierte unter der
Adresse Am Bahnhof 2 vom 04.11.1902 bis
31.05.1971 die Dampfmolkerei Zitz-Rogäsen.
Die Milch für die Molkerei kam auch mit der
Kleinbahn. Nach ihrer Schließung baute man das markante
rote Backsteingebäude zu einer Keksbäckerei
um, welche als Zweigbetrieb dem
Konsum-Waffelspezialbetrieb "Konsü" in
Brandenburg an der Havel 1972 angegliedert
wurde. 1989
kam für "Konsü" das Aus. Den Betrieb übernahm ab 1992 die Stenger Waffeln Rogäsen
GmbH.
Ein neues Produktionsgebäude wurde im
Bereich des Bahnsteiges zur Jahrtausendwende
gebaut und reicht über die ehemalige Gleistrasse. Die
Gleise von Rogäsen bis zum Ende in Km 6,3
wurden bis auf ein kurzes Stück auf der
Hochfläche nach und nach entfernt. Auch die
restlichen Gleise im Bahnhof Rogäsen bis zur
Landstraße nach Zitz waren bald
verschwunden.
(Anm.: Das noch heute an der Straße stehende
rote Backsteingebäude der Waffelfabrik war
nicht, wie
verschiedene Publikationen beharrlich
behaupten und dabei nur voneinander
abschreiben, das Bahnhofsgebäude von
Rogäsen! Der Bahnhof lag einige Meter höher
am Rand der Zitzer Berge. Die Kleinbahn
hatte im Gebäude der Dampfmolkerei nur einen
Dienstraum zur Miete! Auch der Güterschuppen
war nicht bahneigen.)
Haltestelle
Rogäsen, Blick in Richtung
Wusterwitz, noch beschränkt die Firma
Stenger sich auf die Fläche neben der
Gleistrasse, sogar die Telegrafenmasten
stehen noch, die Schienen sind unter der
Vegetation kaum noch zu erkennen,
Aufnahme 05.04.1999, Foto:
© H.M.Waßerroth
Bahnhof Rogäsen,
das Werksgebäude der Waffelfabrik (damals
noch Konsü) ist gerade im Aufbau,
Aufnahme 20.07.1989, Foto:
© H. M. Waßerroth
Bahnhof Rogäsen, Kilometerstein 9,0 aus
Kleinbahnzeiten, Aufnahme 20.07.1989, Foto:
© H. M. Waßerroth
Bahnhof Rogäsen, Blick in Richtung
Ziesar mit Bahnübergang über die Landstraße
nach Zitz, Aufnahme 05.04.1999,
Foto:
© H.M.Waßerroth
Der Damm mit den Gleisen durch den Fiener
bei Rogäsen (Blickrichtung Ziesar) erobert
sich die Natur zurück, heute sind sie total
zugewachsen, Aufnahme 05.04.1999, Foto:
© H.M.Waßerroth
Bahnhof Rogäsen, Blick aus Richtung
Ziesar über die Weiche 1, die neue Halle der Firma Stenger
steht auf der Gleistrasse,
Aufnahme 05.03.2000, Foto:
© H.M.Waßerroth
Bahnhof Rogäsen, Blick aus Richtung
Wusterwitz, die Schienen wurden hier schon
entfernt,
Aufnahme 05.03.2000, Foto:
© H.M.Waßerroth
Auf der Strecke von Ziesar nach Görzke
gab es nach der Betriebseinstellung zwischen
Wusterwitz und Bücknitz weiterhin einen bescheidenen
Personen- und Güterverkehr. Ziesar erreichte
man hier noch per Bahn von Güsen aus.
Übergabefahrten fuhren von Ziesar nach
Bücknitz in das NVA-Versorgungslager, später
Versandzentrum der Firmen Quelle und
Schöpflin.
Bahnhof Görzke um 1970, Foto: Slg. H.M.Waßerroth
P 1094 nach Ziesar, gezogen von einer V
22 in Görzke, Aufnahme 11.11.1972, Foto:
© H.M.Waßerroth
der
letzte Fahrplan von Ziesar nach Görzke
Ausschnitt DR-Kursbuch Sommer 1973, 03. Juni
bis 29. September 1973; Repro: © H. M.
Waßerroth
Am 29.09.1973 endete dann auch der
Personenverkehr zwischen Ziesar und Görzke.
Die Nutzung des Lokschuppens in Görzke war
bereits 1962 aufgegeben und das Gebäude im
Sommer 1963 an die Forstwirtschaft verkauft
worden.
Am 01.06.1980 wandelte die DR diesen Abschnitt in einen
Streckenrangierbezirk um, auch auf Grund des
immer schlechteren Oberbauzustandes. Es
durfte nur noch eine Geschwindigkeit von 20
km/h gefahren werden. Nur die zahlreichen
Holztransporte ab Görzke sicherten der
Strecke das weitere Bestehen. Zwischen
Bücknitz, Ziesar und Görzke wurde der
Oberbau dann noch grundlegend saniert,
wie sich später herausstellte, auch mit
Alkalischwellen. Ab 27.09.1981 bekam die
Strecke ihren Nebenbahnstatus zurück, was
nun wieder eine zulässige
Höchstgeschwindigkeit von 40 km/h
ermöglichte.
Ausschnitt DR-Kursbuch Winter 1973/74, 30.
September 1973
bis 23. Mai 1974; Repro: © H. M.
Waßerroth
Obwohl nicht unerhebliche Investitionen in
die Streckenunterhaltung und die
Sicherungstechnik getätigt worden waren,
endete der Güterverkehr nach Görzke am
31.12.1993. Der Holzversand ab Görzke
erfolgte nun mittels LKW über die Straße und
auch das Munitionslager in Buckau ist durch
Abzug der Russen aufgegeben worden.
Bis Ende 1993 wurde auch noch der 1916 gebaute
Lokschuppen in Ziesar als Außenstelle für
Wartungsarbeiten und zum Unterstellen von
Loks genutzt. Bereits ab 22.09.1991 war die
Lokeinsatzstelle Ziesar zur
Personaleinsatzstelle herabgestuft worden.
1996 sind alle verbliebenen
Gebäude des einstigen Ziesarer
Hauptbahnhofes (Bezeichnung von ca. 1930 bis
1965) als besonders erhaltungswürdig unter
Denkmalschutz gestellt und in die
Landesdenkmalliste aufgenommen worden.
Gerade mit dem Lokschuppen hatte man viele
Pläne einer musealen Nutzung. Aber es waren
nur Pläne, mit der Umsetzung hapert es bis
jetzt gewaltig. So verfällt das Gebäude immer
mehr und ist heute innerhalb der üppig
wuchernden Vegetation kaum noch zu sehen. Im
Inneren ist aber zu erkennen, dass teilweise
Sicherungsarbeiten am Dachgebälk vorgenommen
wurden.
Anlage 5 zu den Ausführungsbestimmungen zur Dienstvorschrift für den vereinfachten
Nebenbahndienst der Rbd Magdeburg, gültig ab 28. September 1980; Repro: © H. M.
Waßerroth
Bahnhof Görzke, vom Bahnsteig
existierten nur noch Fragmente, Aufnahme
20.04.1992, Foto:
© H.M.Waßerroth
Bahnhof Görzke, der Lokschuppen war
bereits ohne Gleise, Aufnahme 20.04.1992, Foto:
© H.M.Waßerroth
Mit Ausbau der Autobahn A 2 bei Ziesar auf 3
Fahrspuren je Richtung war auch die Brücke
über die Strecke nach Görzke davon
betroffen. Der Landkreis Potsdam Mittelmark
wollte sich die Option offen halten, die
Strecke nach Görzke irgendwann eventuell zu
reaktivieren. Trotz mehrerer Einsprüche,
auch anderer Ämter, gegen den ersatzlosen
Abriss der alten Brücke, fiel vom
brandenburgischen Verkehrsministerium die
Entscheidung, der Auffassung der Deges-Planungsgesellschaft
zu folgen und keine neue Brücke zu bauen. So wurde die noch nicht abgebaute Strecke
nach Görzke zur Inselstrecke.
Ein Zug nach Görzke mit ELNA-Lok 303
unterquert um 1943 die
Autobahn, Foto: unbekannt, Slg H. M. Waßerroth
Blick aus Richtung Köpernitz auf die
Autobahnbrücke, die neue Fahrbahn Richtung
West war schon ohne Brücke,
Aufnahme Sommer 1999, Foto:
© H.M.Waßerroth
Blick aus Richtung Ziesar auf die
Autobahn, die neue Fahrbahn Richtung West ohne Brücke,
Aufnahme Sommer 1999, Foto:
© H.M.Waßerroth
Im Bahnhof Ziesar endete der Güterverkehr
von Güsen zum 1. Januar 1998. Der
Personenverkehr von Güsen nach Ziesar hielt sich noch bis zum
29. Mai 1999. Das ehemalige
NVA-Versorgungslager in Bücknitz war
zwischenzeitlich von der Quelle AG
übernommen worden. Der Abtransport der
letzten beiden Dieselloks im Jahr 2000 war
wohl die letzte offizielle Zugfahrt in
Ziesar. Am 13.12.2004 genehmigte
dann das Eisenbahnbundesamt auch die
dauerhafte Stilllegung der Bahnstrecke
Güsen–Ziesar zum 01.01.2005. Seit dem ist Ziesar wieder
ohne Eisenbahnanschluss. Den Schlusspunkt
unter die Kleinbahngeschichte setzt die
Entwidmung der Bahnanlagen am 19.09.2008.
Mit Sanierung der Landstraße von der A 2
Anschlussstelle Ziesar bis Ziesar verschwand
der Bahnübergang und im Sommer 2017 begannen
die Rückbauarbeiten der Gleisanlagen im
Bereich Tucheim.
Bahnhof Ziesar Anfang der 1990er Jahre, Foto: Slg H. M. Waßerroth
Bahnhof Ziesar: Anfang der 1990er Jahre
machte er noch einen ordentlichen und
gepflegten Eindruck,
Foto: Slg H. M. Waßerroth
Bahnhof Ziesar 1999 kurz vor
Betriebseinstellung, Foto: Slg H. M. Waßerroth
Bahnhof Ziesar Mai 1999: Schwellenkreuze, Gleise
außer Betrieb und verwahrloste Anlagen - das
Ende naht,
Foto: Slg H. M. Waßerroth
Bahnhof Ziesar, der Lokschuppen wurde
1996 zum Baudenkmal erklärt und dann sich
selbst überlassen,
Aufnahme Mai 1999, Foto: Slg H. M. Waßerroth
Bahnhof Ziesar 1999 kurz vor
Betriebseinstellung, links Einfahrt von
Güsen, rechts Einfahrt von Görzke,
Foto: Slg H. M. Waßerroth
Bahnhof Ziesar 1999 kurz vor
Betriebseinstellung, nach Görzke fuhr schon
längst kein Zug mehr,
Foto: Slg H. M. Waßerroth
Um die Jahrtausendwende gab es Bestrebungen,
die noch vorhandenen Anlagen der ex KZG Strecke
Wusterwitz - Ziesar - Görzke für
touristische Zwecke zu nutzen. Dazu
gründete sich ein gemeinnütziger Verein
"Ziesar-Bücknitzer Eisenbahn gem. e. V.". Geplant war
eine Nutzung der noch bestehenden Strecke
von Ziesar über Bücknitz und durch das
Fiener Bruch bis kurz vor Rogäsen als Fahrraddraisinenstrecke. Auch ein
Museumsbetrieb war geplant. Im Jahr 2003
signalisierte die DB AG, dass man die
Anlagen kaufen könne. Daraufhin begannen
durch den Verein, auch als ABM-Maßnahme,
Arbeiten zur Herrichtung der Strecke.
Bücknitz erhielt einen Behelfsbahnsteig,
Museumsfahrzeuge wurden beschafft und wieder
mussten viele Bäume im Gleis gefällt werden.
Zuerst wollte man nur bis zum Hauptgraben im
Fiener Bruch fahren, da der Überbau der
Brücke aus Stahl in den 1990er Jahren nach
dem Abziehen der abgestellten Güterwagen "verschwunden" war.
(Leider ist mir von
der Brücke nichts Näheres zum Aussehen
bekannt, auch eventuelle Fotos fehlen.)
Durch
die Hilfe verschiedener Sponsoren konnte die
Brücke durch eine Verrohrung ersetzt werden,
so dass dann ca. 7 km Strecke nutzbar
wurden.
Der Lückenschluss erfolgte aber aus
fachlicher Sicht sehr dilettantisch, ja für
die Betriebssicherheit äußerst gefährlich:
- die aufgefüllten Erdmassen wurden unzureichend verdichtet,
- die zwei eingelegten Gleisjoche wurden nur
sporadisch mit Bettung versehen und
- die Schienen wurden unzureichend an das
bestehende Gleis angebunden. (siehe Fotos
unten)
Fehlende Brücke über den Hauptgraben im
Fiener Bruch, Aufnahme 26.03.2000, Foto:
© H.M.Waßerroth
Gleiche Sicht heute, die fehlende Brücke über den Hauptgraben im
Fiener Bruch als Durchlass mit Rohren, die
Brückenwiderlager sind noch vorhanden, Aufnahme
10.04.2019, Foto:
© H.M.Waßerroth
(klicken, um diese Bilder größer mit
Erläuterungen anzusehen)
Zur Materialgewinnung, aber auch zur
Veräußerung der Schienen, um weitere Gelder
für die Finanzierung der Vorhaben zu
bekommen, wurde die Inselstrecke nach Görzke
abgebaut.
Am 21.06.2003 war die offizielle Eröffnung
der Museumsbahn "Ziesar-Bücknitzer
Eisenbahn".
Foto:
unbekannt, Quelle:
www.ziesar-buecknitzer-eisenbahn.de (nicht
mehr verfügbar)
Der VT 09 der
Württembergische Eisenbahngesellschaft WEG
bei der ZBE zwischen Ziesar und Bücknitz,
Aufnahme 2003
Foto:
unbekannt, Quelle:
www.ziesar-buecknitzer-eisenbahn.de (nicht
mehr verfügbar)
Die Deutz (FNr. 55862) des Vereins als
Arbeitszuglok in Bücknitz, Aufnahme 2003
Kurz danach erhielt der Verein von der DB
Services Immobilien GmbH in Berlin die
Nachricht, dass man die Strecke doch gar nicht
verkaufen wolle, obwohl sie offiziell zum
Verkauf ausgeschrieben war. Der Verein hatte
das Höchstgebot für die Strecke abgegeben
und bereits einen Kaufvertrag zur Prüfung
erhalten. Nun stellte die Bahn AG fest, dass
kein Verkauf möglich sei (warum auch immer?)
und keine Zusage erfolgte.
Und falls sie denn doch gegeben worden sei,
dann war das ein Irrtum. Die
Investitionen in die Strecke von Ziesar nach
Rogäsen waren in den Sand gesetzt und der
voreilige Abbau der Strecke nach Görzke ging
als großer Schienenklau in die
Bahngeschichte ein.
Letztendlich hat die Deutsche Bahn AG die
Strecke von Ziesar bis Rogäsen dann doch mit
allen zugehörigen Nebenanlagen als Paket an
einen Privatmann verkauft.
Dieser
betreibt in der Schorfheide ein Forstgut. Zusammen
war es ein Sammelsurium von weit über 100
Flurstücken.
Der Lokschuppen im Bahnhof Görzke wurde
schon längst nicht mehr genutzt, aber hier stand er noch
Aufnahme Februar 2003 kurz vor Abbau der
Gleisanlagen, Foto:
© H.M.Waßerroth
Der ehemalige Bahnhof Görzke ist heute
"Rasthof & Pension Görzke" der Familie
Goldbach,
die Lok V10B (LKM
1960/252096 soll
als Denkmal auf ihrem Stück verbliebenen
Gleises an die ehemalige Kleinbahn
erinnern,
Aufnahme 29.03.2016, Foto:
© H. M. Waßerroth
Von der Ziesar-Bücknitzer Eisenbahn
spricht heute keiner mehr und die Fahrzeuge
wurden wohl alle wieder veräußert. Der
Bahnhof Ziesar ist heute ohne Gleise, aber
die Strecke bis Rogäsen existiert noch
(teilweise, es "verschwindet" immer mehr). Das
Bahnhofsgebäude Ziesar wurde im Dezember
2012 versteigert. Die
noch erhaltenen Reste der ehemals als Buckautalbahn bekannten Strecke standen
sogar schon
auf der Landesdenkmalliste des Landes
Brandenburg, was die Schrottdiebe aber
nicht davon abgehalten hatte, fleißig Material für die
eigene Tasche zu klauen.
Heute ist die Reststrecke als einzigartiges
Denkmal der Verkehrsgeschichte nicht mehr in
der Landesdenkmalliste enthalten, nur alle
Gebäude des ehemaligen Bahnhofes Ziesar sind
weiterhin Baudenkmale.
Seit Jahren ist der Landkreis bereit,
Haushaltsmittel und Fördergelder in den
Ausbau der alten Bahnstrecke als
Radweg zwischen Ziesar und Rogäsen
zu investieren.
Die Anliegerkommunen sollen dafür die nötigen Flurstücke der alten Bahnlinie
erwerben und später in ihre Trägerschaft
übernehmen.
Radweg an der ehemaligen Haltestelle
Köpernitz, Aufnahme
28.07.2015, Foto:
© H.M.Waßerroth
Eine
Anbindung der bereits bestehenden Radwege
von Ziesar in Richtung Wusterwitz wird als
wichtig und sinnvoll angesehen. Der
Eigentümer der Restbahnstrecke will aber die
12 Hektar, die er als Paket von der DB AG
erworben hat auch nur insgesamt wieder
verkaufen. Als reine Verkehrsfläche werden
aber nur etwa 1,3 Hektar gebraucht. Der
Abschnitt Ziesar-Rogäsen ist bereits
Bestandteil des touristischen
Radwegekonzeptes des Landkreises und soll bis
2022 Realität werden. Die Kosten werden auf
1,8 Millionen Euro geschätzt. Von Rogäsen
will man später über Warchau nach Wusterwitz
weitergehen. Als Plan B wird der Bau eines
straßenbegleitenden Radweges neben der
Landesstraße 96 vorgesehen.
Strecke im Wald bei Bücknitz, Aufnahme
26.03.2000, Foto:
© H.M.Waßerroth
Gleiche Stelle, Aufnahme 24.04.2014,
Foto:
© H.M.Waßerroth
Schienenwalzzeichen >Osnabrück 1908<
der Georgsmarienhütte Osnabrück in einer
Schiene der Form 8 im
noch existierenden denkmalgeschützten
Streckenabschnitt, Aufnahme 24.04.2014, Foto:
© H. M. Waßerroth
aus
verschiedenen Quellen
bearbeitet und ergänzt von H. M. Waßerroth
nach oben
kurzer Abriss zur KJ I in Ziesar
weiter zu
Streckenansichten
Vers. 4.6.1. vom 10.09.2024
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