Osthavelländische
Kreisbahnen
(OHKB)
Nauen - Ketzin
(Stammstrecke)
Zum Ende
der achtziger Jahre des 19. Jahrhunderts
bereitete Preußen ein Gesetz über
Kleinbahnen und Privatanschlussbahnen vor,
das in technischer, betrieblicher und vor
allem finanzieller Hinsicht geringere
Anforderungen als das für den Bau von
Eisenbahnen maßgebende Gesetz von 1838
stellte. Am 28.Juli 1892 wurde es erlassen.
Im Kreis
Osthavelland äußerte man zur gleichen Zeit
immer mehr Wünsche zur Erschließung des
Hinterlandes abseits der großen
Verkehrswege. In erster Linie wurde
der Bau einer Tertiärbahn von Nauen nach
Ketzin gewünscht. Ausschlaggebend hierfür
war die Absicht der Zuckerfabrik Nauen, sich
den Wasserweg Havel für größere
Rübentransporte nutzbar zu machen. Dazu
plante man anfangs eine schmalspurige
Feldbahn. Der Kreistag Osthavelland griff
diesen Plan auf und unterbreitete einen
Vorschlag zum Bahnbau unter Mitbenutzung der
Kreischaussee Nauen - Ketzin. Im Mai 1892
einigten sich alle Interessierten über die
Gründung einer Aktiengesellschaft unter dem
Namen "Osthavelländische Kreisbahnen" und
Errichtung einer normalspurigen Kleinbahn
von Nauen nach Ketzin zunächst für
Güterverkehr und später auch für
Personenverkehr. Das Grundkapital wurde auf
700 000 Mark festgesetzt.
In Folge
des gerade erlassenen Gesetzes über
Kleinbahnen und Privatanschlussbahnen
erfolgte die notarielle Gründung der AG
Osthavelländische Kreisbahnen am 17.08.1892
und am 14.03.1893 die Erteilung der
Genehmigungsurkunde durch den Herrn
Regierungspräsidenten in Potsdam. Nach
Eintrag der AG in das Handelsregister beim
Amtsgericht Nauen am 19.04.1893 schloss man
alsbald einen Bau- und Betriebsvertrag mit
der Baufirma Lenz & Co GmbH in Stettin.
Die Bahn
wurde so einfach wie möglich, jedoch
dauerhaft und erweiterungsfähig hergestellt.
Das Gelände bereitete keine großen
Schwierigkeiten, fast 34 % der 16,12 km
langen Strecke lagen in der Horizontalen und
69 % in gerader Linie. Der kleinste
Krümmungshalbmesser betrug 200m und die
größte Steigung 1:90. Neben kleineren
Durchlässen war nur eine größere Brücke, die
Überführung über die Lehrter Bahn bei
Röthehof, ein 1832 gegründetes zu Markau
gehöriges Vorwerk, mit 27m Spannweite, erforderlich.
So konnte bereits ab 02.10.1893 ein
Lokalgüterverkehr, ab 01.11.1893 der
Übergangsverkehr zur Staatsbahn und am
13.12.1893 der gesamte Güter- und
Personenverkehr eröffnet werden. An
Betriebsmitteln verfügte die Kleinbahn bei
Betriebsaufnahme über 3 Lokomotiven, 3
Personenwagen und 35 Güterwagen.
Karte am 29.07.1928 gelaufen
Verlag: Buch- u. Papierhandl. Rudolf Eckler,
Nauen, Foto: unbekannt
Ausschnitt aus einer original Postkarte von
Etzin, Repro: © H. M. Waßerroth
Bereits im
ersten Betriebsjahr entwickelte sich der
Verkehr derart, dass die vorhandenen Anlagen
nicht mehr ausreichten. Umfangreiche
Erweiterungen waren erforderlich. Der
Anschlussbahnhof Nauen wurde vollständig
umgebaut, in Ketzin erweiterte man die
Hafenanlagen, die Zwischenstationen
erhielten neue bzw. verlängerte Nebengleise,
der gesamte Oberbau wurde verstärkt. Für den
Güterwagenpark beschaffte man weitere,
hauptsächlich offene Wagen.
Karte am 10.09.1909 gelaufen
Verlag: Kunstgewerbliches Atelier, Ketzin,
Foto: unbekannt
Zuckerfabrik Ketzin auf einer
Ansichtskarte von 1909 mit einer Lok der OHKB, Slg.
H. M. Waßerroth
Typische Gestaltung der
Unterwgsstationen:
Lageplan Bf. Etzin, aufgenommen und
angefertigt Sommer 1909, Repro © H. M. Waßerroth
In den
Anfangsjahren dieser Kleinbahn brachte der
Transport von Ziegelsteinen aus den
zahlreichen Ziegeleien bei Ketzin in das
aufstrebende Berlin gute Einnahmen, wenn
auch die Masse der produzierten Ziegelsteine
mit dem Schiff auf der Havel transportiert
wurde. Im Umkehrzug erfolgte der Transport
von Berliner Hausmüll. Mit dem allgemeinen
Ziegeleisterben nach dem Ersten Weltkrieg
entstanden auf dem Ziegeleigelände in
Vorketzin die Müllplätze Vorketzin. Die von
der Tonförderung für die Ziegelproduktion
übrig gebliebenen Tongruben wurden mit Müll
verfüllt. Nach und nach bildete sich in
Vorketzin eine der größten und später auch
berüchtigtsten Mülldeponie Deutschlands.
(Trotzdem hat gerade diese Deponie bis in
die heutige Zeit das Überleben der Eisenbahn
nach Ketzin gesichert.)
Zur Erleichterung der
Mülltransporte errichtete man zwischen den
Stationen Röthehof (OHKB) und Neugarten der
Lehrter Bahn 1896 für 140000 Mark Baukosten ein Übergabegleis. Die
größte Ausdehnung der Stammstrecke mit 17,22
km war erreicht.
Am
01.04.1897 übernahm die AG Osthavelländische
Kreisbahnen die Betriebsführung von der
Firma Lenz & Co in eigene Regie.
Foto: unbekannt
Müllentladung in Vorketzin Anfang der 1920er
Jahre, Slg. H. M. Waßerroth
In den
ersten Jahren
und auch in späterer Zeit wurden eine größere Anzahl
Neubauplanungen geprüft bzw. bearbeitet.
Besonders intensiv bemühte man sich um das
Projekt der Verlängerung der Bahn über
Ketzin hinaus nach Wildpark. Erst der
Entschluss der Staatsbahn, eine Strecke von
Nauen unmittelbar nach Wildpark zu bauen,
stoppte alle Bemühungen.
Ein
weiteres Projekt sah den Bau einer Kleinbahn
von Brandenburg nach Röthehof zum Anschluss
an die Stammstrecke vor. Diese
Westhavelländischen Kreisbahnen wurden für
Rechnung des Kreises Westhavelland von 1901
bis 1904 erbaut und dann von der OHKB
betrieben.
Dem Kreis Osthavelland genehmigte der
Regierungspräsident in Potsdam am 23.04.1903
den Bau und Betrieb einer Kreisbahn von
Nauen nach Velten. Diese Bahn wurde
ebenfalls von der OHKB erbaut und betrieben.
Die am 30.09.1904 eröffnete Strecke hatte
zunächst ihren Nauener Bahnhof nördlich der Gleise
der Berlin-Hamburger Eisenbahn.
Von 1912 bis 1917 erfolgte ein umfangreicher
Umbau der Anlagen der Staatsbahn in Nauen. Die
Gleisanlagen der Staatsbahn wurden höher,
auf einen Damm, gelegt. Hierbei kam es auch
zu umfangreichen Änderungen bei den
Kleinbahnen. Die Veltener Strecke unterquerte
nun die Staatsbahn und wurde in den Ketziner
Bahnhof eingeführt. Liebevoll im Volksmund
Bahnsteig C genannt, hielten nun nördlich
des Kleinbahnbahnsteiges die Veltener und
südlich die Ketziner Züge.
Foto: unbekannt
Bahnhofsgebäude Ketziner
Bahnhof in Nauen von 1920, am 20.04.1945
zerstört und danach abgerissen,
Slg. H.
M. Waßerroth
Triebwagen Tw 2 der OHKB
steht 1937 mit Beiwagen Tw_A2 in Nauen am
Bahnsteigende vor dem Bahnhofsgebäude des
Ketziner Bahnhofs, Slg. H.
M. Waßerroth
Der Haupterwerb der Einwohner der Orte
zwischen den Endpunkten der Strecke lag über
die Jahrhunderte in der landwirtschaftlichen
Nutzung. Als ein Pionier der Agrarindustrie
in Deutschland ist Dr. h.c. Arthur Schurig
anzusehen. Mit landwirtschaftlicher
Müllverwertung leitete er seit 1913 einen
Meliorationsversuch in Röthehof. Er kaufte
die bereits bestehende Müllhalde Röthehof,
ebnete sie ein, sortierte und lagerte dann
den mit der Bahn aus Berlin angelieferten
Müll darauf in 6 Meter hohen Halden für
einen mehrjährigen Gärungsprozess.
Anschließend düngte er
mit diesem sortiertem Berliner Müll die Felder und
steigerte damit die Erträge. Wegen nicht
abreißender Proteste der Bevölkerung, aber
auch der Behörden, gegen den "pestartigen
Geruch" und die Gesundheitsgefährdung durch
Ratten und Fliegen wurden im Juli 1922 die
Gleisanlagen für die Müllanlieferung in
Röthehof wieder abgebaut. Später gab es bis
in die 1940er Jahre direkt vom Bahnhof
Röthehof und nördlich gleich hinter der
Brücke über die Lehrter Bahn nochmals je ein
Anschlussgleis für die Anlieferung von Müll.
Ab 1917 pachtete Dr. Schurig die Rittergüter Markee und
Markau, um dort den Versuch weiterzuführen.
Seine Bemühungen in der Pflanzenzüchtung
waren besonders bei Rüben und Kohl
erfolgreich. Eine noch heute gehandelte
Wirsingkohlsorte,
der Grüne von Markee, hat hier ihren Ursprung. Mehrere
Anschlussgleise ließ Dr. Schurig für seine
landwirtschaftlichen Betriebe anlegen.
Entwurf für den Ausbau des Anschlusses
Dr. Schurig in Markee vom 04. April
1919, Repro © H. M. Waßerroth
Karte am 27.05.1918 gelaufen
Verlag: unbekannt
original Postkarte, versendet von Dr.
Schurig am 27. Mai 1918 mit Zug 3 der
Bahnpost Nauen-Ketzin,
Slg. H. M. Waßerroth
Bahnsteigseite des Bahnhofsgebäudes Ketzin
in der Form, wie es bis zum großen Umbau
1929 ausgesehen hatte
Foto: unbekannt, Repro: © Slg. H. M. Waßerroth
Hauptwerkstatt Ketzin, Foto: unbekannt, Repro: © Slg. H. M. Waßerroth
Blick von der Weiche 2 über den Bahnhof Ketzin
mit ausfahrendem Güterzug, Foto: unbekannt, Repro: © Slg. H. M. Waßerroth
In der
Folgezeit flossen Investitionen in den
Ausbau der Anlagen, Beschaffung von
Triebwagen, Einstellung von Omnibussen und
Einrichtung einer
Kraftfahrzeugreparaturwerkstatt 1929 in Ketzin. Mussten in den Anfangsjahren die
Betriebsmittel in fremden Werken unterhalten
werden, ist im Jahre 1913 in Ketzin eine
eigene Reparaturwerkstatt errichtet worden,
die in den folgenden Jahren mehrmals
erweitert wurde.
Bis zu den
Kriegswirren und seinen Folgen gab es außer
der Einrichtung und Stilllegung von
Anschlussgleisen keine wesentlichen
Änderungen.
Ausschnitt Deutsches Kursbuch
Sommer 1936, 15. Mai bis 03. Oktober,
Repro: © H. M. Waßerroth
Winterdienst zwischen Markee und Nauen,
am Horizont die Silhouette von Nauen, Winter 1937
Foto: W. Domke, Repro: Slg. H.M.Waßerroth
Damals
waren die Winter im Havelland noch
schneereicher. In den Weiten der
landwirtschaftlich genutzten Flächen konnte
der Wind den Schnee leicht dahin treiben.
Boten sich Hindernisse wie Dämme,
Einschnitte oder Strauchwerk entstanden
schnell Schneewehen. Auch die Strecken der
OHKB waren davon öfter betroffen und mussten
dann mühsam freigeschaufelt werden. (Die
hier gezeigten beiden Bilder sind weit weg
von heutiger Fotoqualität und doch sind sie
mehr als nur authentisch. Sie sind ein Beleg
der Mühen der damaligen Eisenbahner für
"IHRE" Bahn, auch wenn sie vielleicht nur
mit einem einfachen Fotoapparat damaliger
Fototechnik gemacht wurden.)
Freie Fahrt für den Zug über die vom
Schnee geräumte Strecke Richtung Nauen,
Winter 1937
Foto: W. Domke, Repro: Slg. H.M.Waßerroth
Karte am 27.08.1942 gelaufen
Verlag: unbekannt, Foto: unbekannt
Empfangsgebäude Bahnhof Ketzin auf einer
Ansichtskarte, Repro: © H.
M. Waßerroth
Erwähnenswert ist aber der schwere Unfall in
Etzin am 13.11.1939. Wie war es dazu
gekommen? OHKB-Lok Nr. 11 sollte vom
Übergabebahnhof Neugarten Müllwagen holen.
Die Rangieranweisungen "Lok soll in
Neugarten vor Weiche 6 halten, da Wagen erst
bereitgestellt werden" wurden dem
vorbeifahrenden Lokpersonal vom
Fahrdienstleiter Bf. Röthehof zugerufen und
nicht vollständig verstanden. Durch das
Entgegenkommen der Rangierabteilung der
Reichsbahn im Einfahrgleis Bf. Neugarten
bekam das Lokpersonal Angst und sprang ab,
zuvor legte jedoch der Reserve-Lokführer die
Steuerung der Lok um. Es kam zu keinem
Zusammenstoß, aber die Lok fuhr führerlos in
entgegengesetzter Richtung davon. Das
Lokpersonal rannte hinterher und versuchte
dann vom Bf. Röthehof den Bf. Etzin
anzurufen, um Triebwagenzug 2, der sich auf
der Fahrt nach Ketzin befand, zu warnen. Der
Bahnhofswächter war gerade bei der
Zugabfertigung und hörte das Telefon nicht.
Kurz danach ereignete sich der Auffahrunfall
im Bf. Etzin. 5 Personen wurden verletzt und
Triebwagen Nr. 6, Lok Nr. 11 und ein C-Wagen
beschädigt. Am Gleis mussten einige
Schwellen gewechselt werden. Die
Gesamtkosten des Unfalls betrugen 14.919,91
RM, wobei fast 14 TRM auf die Instandsetzung
des Triebwagens entfielen. Als Schuldiger
für diesen Unfall wurde der Lokführer am
09.02.1940 vor der Großen Strafkammer Berlin
zu 3 Monaten Gefängnis verurteilt.
Aufnahmen:
Archiv Rbd Magdeburg, Repro: Slg. H. M. Waßerroth
Hier steht einer der beiden Triebwagen
der Bauart Mosel von 1939 im Bahnhof Ketzin
auf Gleis 6 vor dem Triebwagenschuppen,
Foto: unbekannt, Repro: © H. M. Waßerroth
Bei Bedarf wurde den Triebwagen
zur Verstärkung ein Personenwage angehängt.
Blick vom Bahnhofsgebäude über die Anlagen
des Bahnhofs Ketzin.
Foto: unbekannt, Repro: © H. M. Waßerroth
Auch die
OHKB blieben von Kriegsschäden nicht
verschont. Einzelne Abschnitte der
Stammstrecke fielen Kriegshandlungen zum
Opfer. Bei dem schweren alliierten Luftangriff
in den Vormittagstunden des
20.04.1945 auf die Anlagen des Bahnhofes
Nauen traf es auch die OHKB.
Der als Ketziner Bahnhof bezeichnete Bahnhof
der OHKB in Nauen wurde zerstört
Nach
Angaben eines Tagebuchberichtes (siehe "Die
Russen kommen" von Peter Böthig und Peter
Walter, Lukas Verlag, Berlin 2011) konnte am
25.05.1945 zwischen Nauen, wegen der
schweren Zerstörungen im Bereich des
Staatsbahnhofes vorerst Bf.
Berliner Straße, und
Ketzin der Betrieb wieder aufgenommen werden.
Die Züge fuhren drei Mal in der Woche, am
Montag, Mittwoch und Freitag, früh ab Ketzin
und zurück um 15.00 Uhr ab Nauen.
Ausschnitt
Reichsbahn-Kursbuch Sowjetische
Besatzungszone vom 04.11.1946; Repro:
© H. M. Waßerroth
Durch die
neuen politischen Verhältnisse kam es zu
einer Enteignung aller als
Aktiengesellschaft betriebenen Neben- und
Kleinbahnen (Befehl Nr. 124 der sowjetischen
Militäradministration in Deutschland vom
30.10.1945). Auch die OHKB ist
entschädigungslos der neu errichteten
Hauptverwaltung der Provinzialbetriebe der
Mark Brandenburg unterstellt worden. Ab
01.04.1949 ging dann die Verwaltung, und ab
01.01.1950 das gesamte Eigentum durch
Verordnung an die Deutsche Reichsbahn über.
Nach dem
Krieg entwickelte sich langsam wieder ein
regelmäßiger Zugbetrieb zwischen Nauen und
Ketzin, oft aber durch Kohlemangel
beeinflusst. Im Personenverkehr bestimmten
anfangs meist die sogenannten Hamsterzüge
das Verkehrsgeschehen. Der Güterverkehr lief
nur schleppend an. Es gab noch nicht viel zu
transportieren. Betriebsmittel und
Einrichtungen vieler Betriebe waren
beschlagnahmt oder zerstört.
Der Nahgüterzug im unteren Fahrplanblatt
endete wie viele Güterzüge in Röthehof und
fuhr ab hier als Überführung Üb 16538,
Röthehof ab 22.15 Uhr, nach Neugarten. Nach
Nauen fand in den letzten Jahren kaum noch
Güterverkehr statt.
Auszüge aus dem Buchfahrplan Heft 15 der Rbd
Magdeburg für den Winterfahrplan 1964/65,
gültig vom 27. September 1964 bis
29. Mai 1965
Repro: © H. M.
Waßerroth
Nach
Übernahme der OHKB durch die DR wurde das
nun Bahnbetriebswerk Ketzin und der ihm
zugeordnete Lokbahnhof Roskow am 29.05.1951
dem Reichsbahnamt Berlin 5 zugeordnet. Durch
Veränderung der Direktionsgrenzen der DR kam
die Ketziner Strecke und das Bw Ketzin ab
01.01.1955 zur Rbd Magdeburg.
In den
1960er Jahren wirkte sich die Entwicklung
des Kraftverkehrs immer stärker auf die Bahn
aus. Der Güterverkehr ging immer mehr
zurück. Viele traditionelle Transportgüter
konnten billiger mit dem Auto transportiert
werden.
Am 22. Mai
1966 erfolgte die Einstellung des
Personenverkehrs. Die Abschlussfahrt fand am
21.05.1966 mit der eigens hierfür aus
Salzwedel herangeschafften 89 6278 statt.
Diese Lok war vom 26.04.1966 bis 25.05.1967
im Bestand der Einsatzstelle Ketzin und
wurde danach ausgemustert und in
Ketzin verschrottet.
" geplanter"
Reisezugfahrplan: Ausschnitt DR-Kursbuch
Sommer 1966, 22. Mai bis 24. September;
Repro: © H. M. Waßerroth
Zu diesem
Fahrplan für Sommer 1966 kam es nicht mehr. Kurzfristig fiel
die Entscheidung zur Einstellung des
Gesamtverkehrs von Nauen nach Röthehof und
des Reiseverkehrs weiter bis Ketzin. Das
Kursbuch für den Sommerfahrplan 1966 war
bereits im Druck, so wurde diese Festlegung
lapidar und knapp in der Beilage am Anfang
des Kursbuches unter 'Während des Druckes
eingetretene Änderungen' mitgeteilt.
Ausschnitt DR-Kursbuch Sommer
1966, 22. Mai bis 24. September;
Repro: © H. M. Waßerroth
Abschiedsfahrt vom Personenverkehr
am 21.05.1966,
Foto: unbekannt,
Aufnahmen:
Slg. H. M. Waßerroth
Bahnhof Markee, unter reger Anteilnahme der
Bevölkerung fand die
Abschiedsfahrt statt,
Foto: unbekannt,
Aufnahmen:
Slg. H. M. Waßerroth
Ein paar Fahrkarten aus der Zeit des
Personenverkehrs;
Repro: © H. M.
Waßerroth
Das in
Nauen verbliebene Reststück Nauen
Kleinbahnhof - Nauen Berliner Chaussee bis
etwa zum km 2,5 wurde Anschlussgleis.
Zwischen Nauen Berliner Chaussee und
Röthehof sind nach und nach fast alle
Bahndämme eingeebnet worden und
heute ist die ehemalige Trasse dort nur noch
schwer auszumachen.
Nördliches Widerlager der
ehemaligen Brücke über die Lehrter Bahn,
dahinter, nach rechts über das Feld Richtung
Markee/Markau biegend, ist der hier noch
vorhandene Bahndamm zu erkennen,
(mit dem Bau der HG-Trasse Berlin -
Hannover verschwand auch dieses Widerlager
der Brücke)
aufgenommen am
24.08.1973, © H. M. Waßerroth
Das
südliche Widerlager der
ehemaligen Brücke hat die Zeit bis in die
heutigen Tage überstanden,
aufgenommen am
05.02.2018, © H. M. Waßerroth
(klicken, um diese Bilder größer mit
Erläuterungen anzusehen)
ehemaliger Bahnhof Markau, Blick
über die Ladestraße. das weiße Gebäude war
das Bahnhofsgebäude, aufgenommen am
27.10.1998, © H. M. Waßerroth
Die restlichen Gleisanschlüsse an der
Berliner Chaussee in Nauen verfielen nach
der Wende in einen Dornröschenschlaf bzw.
wurden immer mehr aufgegeben. Die
Zuckerfabrik Nauen, die einst den Anstoß zum
Bau der Bahn gegeben hatte, ist schon längst
Geschichte. Übriggeblieben ist einzig der
Anschluss des neuerbauten Werkes für
Hausgeräte der Firma Bosch-Siemens, die sich
hier neu niedergelassen hat.
Von
Neugarten Richtung Ketzin hatte die Bahn
aber weiter eine wichtige Funktion für den
Güterverkehr behalten. 1967 wurde neben der
1964 stillgelegten Zuckerfabrik am Hafen
Ketzin ein neues Werk für Kraftfuttermittel,
welches noch heute betrieben wird, erbaut.
Hierzu kam es sogar im Bereich des Hafens
Ketzin zum Bau neuer Gleisanlagen. Um eine
leistungsfähige Bedienung dieses neuen
Werkes zu ermöglichen, erhielt die Strecke
Neugarten - Ketzin und der Bahnhof Ketzin
eine Oberbauerneuerung. Diese war auch
dringend erforderlich. Ab dem Bahnübergang
Tremmener Straße bei Etzin durften die ca.
5 km bis nach Ketzin wegen Oberbaumängel
seit einiger Zeit nur noch mit 10 km/h befahren werden. Die über weite Bereiche
noch vorhandenen schwachen Schienen der
preußischen Form 6d wurden gegen die damals
bei der Deutschen Reichsbahn üblichen
Schienen S 49 und vorhandene Holzschwellen,
wo notwendig,
gegen Betonschwellen ausgetauscht. Bei der
Gelegenheit wurde auch der Bahnhof Röthehof
zu einer Abzweigstelle zurückgebaut, denn
noch gab es Güterverkehr auf der ex WHKB von
Neugarten in Richtung Roskow. War die
Strecke bis da ab Röthehof für 40 km/h
zugelassen, konnte durch diesen Ausbau die
Strecke ab dem Sommer-Fahrplan 1968 (26.
Mai) nun mit 50 km/h befahren werden. Die
Verbindungskurve Neugarten - Röthehof
gestattete auf Grund des engen Radius, wie
auch heute noch, nur 30 km/h.
Blick von der ehemaligen Brücke
über die Lehrter Bahn auf den
ursprünglichen Bahnhof Röthehof,
links von der Rampe zur Brücke das
Gleis von/nach Neugarten,
aufgenommen am 24.08.1973,
© H. M. Waßerroth
Abzweig Röthehof, Blickrichtung
Nauen bzw. Neugarten, die verträumte
Bahnhofsidylle täuscht - hier hält
kein Zug mehr, der einstige Bahnhof
wurde zum Abzweig zurück gestuft, im Vordergrund
noch die Weiche zur im September 1969
stillgelegten WHKB, das Gebäude im
Vordergrund auf dem Bahnsteig diente
als Stellwerk
aufgenommen am 30.08.1972,
© H. M. Waßerroth
ehemals Bahnhof Röthehof,
Blickrichtung Ketzin, das Gebäude
mit Warteraum und Diensträumen von
1901 steht noch mit
zugemauerten Fenstern auf dem
ebenfalls noch vorhandenen
Bahnsteig, die Telegrafenleitung ist
verschwunden, aber einen
Streckenfernsprecher gab es hier
erst mal weiterhin,
aufgenommen um 1995,
Foto: unbekannt, Slg. H. M. Waßerroth
vom Bahnhof Röthehof ex
OHKB-Seite ist nach der Erneuerung
der Gleise von Neugarten bis zum
Anschluss Mosolf durch die DB AG
Ende 2011 nichts mehr vorhanden, die
Anlagen der ex WHKB sind bis auf ein
paar Ruinen schon lange verschwunden,
wer aber sehenden Auges über das
Gelände streift, wird immer noch
Spuren finden,
aufgenommen am 10.03.2012,
© H. M. Waßerroth
(zum Bahnhof Röthehof siehe auch die
Seiten zur WHKB)
Die große
Mülldeponie mit ihrem eigenen Gleisanschluss
in Vorketzin
sicherte der Strecke von Neugarten noch
mehrere Jahre zahlreiche Transporte. Der
hier verkippte Westberliner Hausmüll
garantierte der devisenhungrigen DDR gute
Einnahmen. 1976 wurde der Antransport mit
der Eisenbahn aufgegeben und von
Spezialfahrzeugen der Westberliner
Stadtreinigung übernommen. Den
Gleisanschluss brauchte man nicht mehr. Er
ging außer Betrieb und die Anschlussweiche
im Streckengleis wurde ausgebaut.
Nach
Übernahme der OHKB-Strecken durch die
Deutsche Reichsbahn entstand aus der
ehemaligen Betriebswerkstatt Ketzin ein
eigenständiges Bahnbetriebswerk. Mit Wirkung
vom 01.01.1966 wurde das bis dahin
selbständige Bw Ketzin
Lokeinsatzstelle des Bw Brandenburg und ab
01.01.1973 Außenstelle des Bw Stendal. Mit
dem Abschied vom Dampfbetrieb auf der
Reststrecke am 30.09.1981 mit einer kleinen
inoffiziellen Abschiedsfahrt endet die
Geschichte als Lokwerkstätte. Ab 01.10. 1981
wurde die Werkstatt Ketzin Außenstelle des
Werkes für Gleisbaumechanik in
Brandenburg-Kirchmöser und übernahm die
Aufarbeitung von Skl der DR.
Bahnhof Ketzin, ehemalige
Betriebswerkstatt. aufgenommen am
30.08.1972, © H. M. Waßerroth
Bahnhof Ketzin. aufgenommen am
30.08.1972, © H. M. Waßerroth
Bahnhof Ketzin ein
Jahr später, im Vordergrund Lok 35 1015-3.
aufgenommen am 24.08.1973, © H. M. Waßerroth
Bahnhof Ketzin.
Lokeinsatzstelle, aufgenommen am
24.08.1973, © H. M. Waßerroth
Bahnhof Ketzin.
Lokeinsatzstelle von der Bahnsteigseite,
aufgenommen am 24.08.1973, © H. M. Waßerroth
Bahnhof Ketzin.
in der Lokeinsatzstelle wurden die Dampfloks
des Bw Stendal zusammengezogen und viele warteten
hier auf ihr Ende, aufgenommen Mitte der
1970er Jahre,
© H. M. Waßerroth
Bahnhof Ketzin.
Lokeinsatzstelle, auch Lok 57 3297 war hier
für die Aufnahme in das Verkehrsmuseum
Dresden kurze Zeit hinterstellt, aufgenommen
Mitte der 1970er Jahre,
© H. M. Waßerroth
Ketzin, abgestellte Lok 57 3297 für
das Verkehrsmuseum Dresden, aufgenommen
Mitte der 1970er Jahre,
© H. M. Waßerroth
Bahnhof Ketzin.
Lokeinsatzstelle, vor dem Lokschuppen sind
die Lokbehandlungsanlagen noch vollständig
in Betrieb und
Lok 50 3569-6 nimmt
gerade Wasser für die Rückfahrt nach
Stendal, aufgenommen am 07.04.1980,
© H. M. Waßerroth
Bahnhof Ketzin.
Lokeinsatzstelle, neben dem Lokschuppen
warten viele Fahrzeuge auf ihr Ende,
auch 41 1180-3 aus der MfV-Reserve
(Ministerium für Verkehr), aufgenommen am 07.04.1980,
© H. M. Waßerroth
Bahnhof Ketzin.
Lokeinsatzstelle,
Baa 190 824-2 der Wagenmeisterei
Halberstadt,
aufgenommen am 07.04.1980, © H. M. Waßerroth
Bahnhof Ketzin.
Lokeinsatzstelle,
Baa 190 808-6 der Wagenmeisterei Stendal,
aufgenommen am 07.04.1980, © H. M. Waßerroth
Bahnhof Ketzin, letzter Tag der Werkstatt
(Außenstelle des Bw Stendal).
aufgenommen am
30.09.1981, © H. M. Waßerroth
Bahnhof Ketzin, letzter Tag der Werkstatt,
Abschied - letzter Zug mit Dampf,
aufgenommen am
30.09.1981, © H. M. Waßerroth
Ketzin - Neugarten, letzter planmäßiger
Zug mit Dampf, aufgenommen am
30.09.1981, © H. M. Waßerroth
Ketzin - Neugarten, der letzte
planmäßige Zug mit Dampf fährt in Neugarten
Süd ein,
aufgenommen am
30.09.1981, © H. M. Waßerroth
Mit dem Zusammenwachsen der beiden deutschen
Staaten nach der Wende 1989 änderten sich
die Verkehrsströme und auch die
wirtschaftliche Ausrichtung vieler Betriebe
oder sie mussten schließen. Auch die
verbliebene Strecke von Neugarten nach
Ketzin blieb davon nicht verschont. Der
Bahnhof Ketzin mit seinen Anlagen und die
Strecke hatten ihre Aufgaben verloren! Und
doch hat die Strecke und der Bahnhof noch
heute Bestand.
Bahnhof Ketzin.
aufgenommen am 16.06.2010, vor lauter Bäume
ist von der Werkstatt nichts mehr zu sehen
Foto: © A. Keifler
Nach
Rückkauf der Reststrecke von Neugarten nach
Ketzin ab km 3,050 ( WE der A1 Anschlussstelle Mosolf)
durch die hvle wurde der Abschnitt ab WE der
A1
Anschlussstelle Deponie Vorketzin bis zum
Bahnübergang Nauener Straße in Ketzin an den
Verein AG Osthavelländische Kreisbahn e.V.
verpachtet. Dieser Verein hat sich zur
Aufgabe gestellt, den Bahnhof größtmöglich
zu erhalten und für Sonderfahrten und
museale Zwecke zu nutzen. Der Anfang ist
gemacht.
Lesen Sie
hier wie es ab 1990
weiterging....
nach oben
Weiter zu Nauen - Ketzin im Wandel
Zurück zu
Unternehmen
Vers.
5.2.1. vom 28.05.2021
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