Die Ziegelei Kranepuhl bei Briest
Zgl. Kranepuhl 1924, Karte am 30.11.1926 gelaufen,
Verlag: Kunstverlag W. Raab, Plaue a. H.,
Foto: nicht angegeben, Slg H. M. Waßerroth
Nördlich von Plaue lag an der Havel das Klinkerwerk
Kranepuhl.
In der seit 1840 bestehenden Ziegelei wurden vorwiegend
hochfeste gelbe Klinker gebrannt und mit dem Schiff nach Berlin
transportiert. Noch heute zeugen die gelben Klinker am S-Bahnhof
Jannowitzbrücke von der havelländischen Ziegelindustrie.
Die Steine waren so begehrt, dass das Werk einen zweiten
Hoffmannschen Ringöfen in Spitzenzeiten in Betrieb
hatte. Jeder Ofen fasste ca. 220.000 Ziegel in einem
Ringdurchlauf. Das Brennen der Klinker dauerte 72 Stunden und
erfolgte bei 1200 Grad. Die Schornsteine der Ziegeleien
waren immer schon weit zu sehen. In Kranepuhl maß der
höhere Schornstein immerhin 74 Meter.
Arbeiter der Ziegelei vor dem neueren Ringofen, Slg
H. M. Waßerroth
1857 wird in historischen Unterlagen ein Herr Michaelis
in Tieckow als Besitzer genannt. Nachfolger wurde der
Maurermeister Fritz Hosemann aus Berlin. Um 1900
übernahm Arnold Vobach aus Brandenburg die Ziegelei.
Wie es dann weiterging, ist noch nicht bekannt.
Irgendwie muss es aber weitergegangen sein, denn der
Betrieb hat beide Weltkriege überstanden.
Während des zweiten Weltkrieges kam die Ziegelproduktion
zum Erliegen und brachte ein vorläufiges Ende der
Ziegelei. Nach Einstellung der Produktion boten die Ringöfen, wie auch die unterirdischen Gänge ein
sicheres Versteck für Kriegs- und Diebesgut. Eingelagert
wurden u.a. Gemälde aus Schlössern der Umgebung und aus
Sanssouci. Ein eingelagerter 6000 Jahre alter Steinlöwe aus Babylon ist heute im
Pergamon-Museum zu sehen.
Nach Ende des Krieges demontierten die Sowjets als Besatzer
wie bei vielen anderen noch existierenden Ziegeleien und
Betrieben meist auch, alles Brauchbare
an Maschinen und Technik. In den Betriebsgebäuden fanden
dann bis ca. 1949 Umsiedler
und andere Flüchtlinge eine zeitweilige Unterkunft.
Im
Herbst 1951 nahm eine neueingerichtete Ziegelei als
volkseigener Betrieb VEB (K) Klinkerwerke Kranepuhl die Produktion wieder auf. Der Ziegelrohstoff
Ton kam anfangs aus der direkten Umgebung wie vor dem Krieg
auch, musste dann aber ab 1954 aus der Grube „Lutze“, die sich am anderen
Havelufer zu Möthlitz gehörend befand und früher die dortige Ziegelei von A. Aegidi
versorgte, heran geholt werden. Erst erfolgte der Abbau
in Handarbeit mit Picke, Spaten und Schaufel. Die
beladenen Loren zogen Pferde zum Übersetzen zur
Seilfähre. Ab 1958 kam der Ton aus der neuen Grube
„Kützkow“ weiter nördlich. Die 4 Meter Deckschicht aus
Sand räumte ein Bagger fort. Die beladenen Loren in der
Grube wurden mittels Seilwinde heraus gezogen und eine
Diesellok brachte die Loren auf dem 4 Kilometer langen
600 mm Schienenstrang zur Fährstelle. Täglich gelangten
so ca. 80 Loren mit Ton zur Ziegelei. Das Übersetzen erfolgte
direkt im Bereich der Ziegelei an der Havel.
Zu der Fähre ist folgendes bekannt: Wirtschaftsfähre der
Ziegelwerke Brandenburg, eingestellt 1972, Baujahr: 1963/1965 (?) bei VEB
Thälmann-Werft Brandenburg; Länge 20,85m / Breite 5,46 /
Tiefgang 0,69m; Masse 26 Tonnen,
Motor 13-PS-Diesel. Bei Indienststellung 1963/65 muss es
vorher ein anderes Schiff für das Übersetzen der Loren
gegeben haben.
Die für
den Tontransport auf dem westlichen Havelufer
eingesetzte Diesellok vom Typ Ns2h vom Lokomotivbau
"Karl Marx" in Potsdam Babelsberg, Aufnahme: Juni 1972,
© H. M.
Waßerroth
Auf dem westlichen Havelufer war
auch noch eine zweite Diesellok vorhanden, Aufnahme:
Juni 1972,
© H. M.
Waßerroth
Die ehemalige Fährstelle auf dem westlichen Havelufer,
die Gleise der Lorenbahn sind bereits abgerissen,
links der Bretterschuppen für die Seilwinde, mit
der der Loren auf die Fähre bzw. von ihr herunter
gezogen wurden, rechts die Remise für die beiden
Loks, in der Mitte lag das Gleis zur Fähre,
auf der anderen Havelseite sind die Konturen der
Ziegelei zu erkennen
Aufnahme: 13.03.1973,
© H. M.
Waßerroth
Die Seilwinde für das Bewegen der Loren auf bzw.
von der Fähre herunter, Aufnahme: 13.03.1973,
© H. M.
Waßerroth
Trasse der ehemaligen Strecke zur Grube Kützkow,
Aufnahme: 13.03.1973,
© H. M.
Waßerroth
Auf Grund eines Ratsbeschlusses vom Mai 1959 erfolgte
eine Zusammenlegung der Ziegeleien Rädel, Päwesin und
Kranepuhl als letzte in der Gegend um Brandenburg an der
Havel noch existierende Ziegeleien zum VEB (K)
Brandenburger Ziegelwerke mit Sitz in Kranepuhl. Andere Ziegeleien,
die den Krieg überstanden hatten, waren bereits oder
wurden in absehbarer Zeit geschlossen. 1969 wurde erneut
umstrukturiert. Kranepuhl firmierte nun unter der
Adresse VEB (B) Ziegelkombinat Potsdam, Sitz Zehdenick,
Werk Brandenburg/Briest.
Der Grundstoff Ton neigte sich 1972 dem Ende zu. Es soll zwar Berechnungen für weitere 40 Jahre
gegeben haben, trotzdem wurde das endgültige „Aus“ für den
gelben Klinker von Kranepuhl beschlossen. Die Planungen für
den Betrieb sahen etwas moderneres vor. Als letzter Betrieb
seiner Art im Altkreis Brandenburg hatte das Ziegelwerk
Kranepuhl bei Briest am 31.12.1972 seine traditionelle
Produktion eingestellt. Der letzte Ringofen wurde
abgerissen und Platz für eine neue
Produktionseinrichtung geschaffen. Die technischen
Anlagen kamen in andere Betriebe des damaligen
volkseigenen Kombinat Zehdenick.
Ansicht der Ziegelei Kranepuhl, dieses Bild war
Jahrzehnte lang landschaftsprägend,
Aufnahme: 29.03.1973,
© H. M.
Waßerroth
Der Abriss der alten Ziegeleianlagen ist in
vollem Gange, in Bildmitte standen einst
Trockenschuppen, im Vordergrund der Gleisbogen
(Spurweite 900 mm) diente der elektrischen
Schiebebühne für den Transport der Etagenwagen,
Aufnahme: 29.03.1973,
© H. M.
Waßerroth
2 Trockenschuppen stehen noch, am Bildrand links
eine Schiebebühne, im Gebäude rechts hinten war die
Tonaufbereitung, Aufnahme: 29.03.1973,
© H. M.
Waßerroth
Die sichtbaren Gleisanlagen waren in 900 mm Spur
für die Schiebebühnen, links das Gebäude beherbergte
die Tonaufbereitung, Aufnahme: 29.03.1973,
© H. M.
Waßerroth
Das Werksgelände wurde bereits neu eingezäunt,
aber überall lag noch altes Inventar herum,
Aufnahme: 29.03.1973,
© H. M.
Waßerroth
In den neuen Produktionsanlagen der nun
als Betriebsteil IX Plaue - Kranepuhl des Betonkombinats
Potsdam firmierenden ehemaligen Ziegelei entstanden ab 1974 die in damaligen DDR-Zeiten
so begehrten Hohlblocksteine für den Eigenheimbau aber auch
für landwirtschaftliche Gebäude. Als
Zuschlagstoff für die Herstellung dieser Steine wurde hier
als Abprodukt Asche aus dem Reichsbahnkraftwerk Kirchmöser
verwendet.
Nach der Wende wandelte sich das Werk mit der Privatisierung
zur Bausteine Briest GmbH, die dann in die
LIAPLAN Nord GmbH aufging.
Nach
einer Modernisierung der gesamten Produktionsanlage wurde
1992 mit der Produktion der Produkte LIAPLAN®-Wandbausteine,
OCTAVANT®-Betonsichtsteine und LIAKUSTIK®-Schallabsorber
begonnen.
Gemeinsam mit dem Forschungs- und Technologie-Zentrum (FTZ)
der Deutschen Bahn AG in München, Außenstelle
Technologie-Zentrum Kirchmöser und der TU Berlin, konnte die
LIAPLAN Nord GmbH den Schallabsorber gemäß den Anforderungen
der DB AG zur Serienreife entwickeln.
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aus verschiedenen Quellen
zusammengestellt und
bearbeitet von H. M. Waßerroth
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Vers. 2.0.2. vom 05.11.2022
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