Brandenburg
im Verkehrsnetz
Ein kurzer geschichtlicher Abriss
Der Brandenburger Staatsbahnhof um 1915
Die ursprüngliche Bestimmung Brandenburgs, als
Zufluchtsort und Festung mitten im Sumpf zu dienen,
hat die Entwicklung von Handel und Verkehr bis in
das 19. Jahrhundert erschwert. Abgesehen vom
natürlichen Lauf der Havel gab es lange Jahre nur
den alten Postweg von Ost nach West als
Verkehrsverbindung. Diese große Poststraße von Memel
nach Cleve hatte bereits der große Kurfürst
Friedrich Wilhelm um 1650 anlegen lassen.
Eine Belebung des Schiffverkehrs auf der unteren
Havelwasserstraße brachte der 1743 begonnene und
bereits 1745 mit allen Nebenanlagen fertig gestellte
Plauer Kanal. Dieser Kanal verkürzte den
Schifffahrtsweg von Berlin nach Magdeburg um ca. 150
km.
Mit Beginn des Siegeszuges der Eisenbahn wurden neue
Verkehrsverbindungen interessant. Von großer
Wichtigkeit für den Aufschwung des gewerblichen
Lebens der Stadt Brandenburg war die Fortsetzung des
Baues der Berlin - Potsdamer Eisenbahn über
Brandenburg hinaus nach Magdeburg.
Friedrich Lists Entwurf zu einem deutschen
Eisenbahnnetz aus dem Jahre 1833
Im Oktober 1838 begannen die Bemühungen um einen
Eisenbahnanschluss Brandenburgs. Aus Kostengrünen
wählte man eine Linienführung von Potsdam über
Brandenburg, Genthin, Tangermünde, Stendal,
Salzwedel, Lüneburg nach Bergedorf zum Anschluss an
die Hamburg - Bergedorfer Eisenbahn. Von Genthin
sollte eine Zweiglinie nach Magdeburg führen. Die
bei dieser Variante erforderlichen Endbahnhöfe
Berlin und Hamburg existierten bereits, was mit
ausschlaggebend war.
Beim Nachsuchen der staatlichen Genehmigung für den
Bau stieß man aber auf große Hindernisse. Die Berlin
- Anhalter Gesellschaft durchkreuzte diesen Plan
durch den schnellen Bau der Strecke Berlin - Dessau
- Köthen. In Köthen bestand Anschluss an die Leipzig
- Magdeburger Eisenbahn. So war Magdeburg über einen
Umweg mit Berlin verbunden. Für die Strecke Berlin -
Hamburg siegte auch aus militärischen Gründen die
Trassierung über Nauen und Wittenberge.
Magdeburgs Verbindung mit Halberstadt und die
Aussicht auf eine Weiterführung des Schienenweges
nach Westen bis Antwerpen ließ nun eine
Direktverbindung Berlins mit Magdeburg rentabel
erscheinen.
Mit Genehmigung vom 21. Juli 1843 wurde die
Potsdam-Magdeburger Eisenbahngesellschaft mit Sitz
in Potsdam gegründet. Schwierig gestaltete sich das
Verhältnis zur Berlin-Potsdamer
Eisenbahngesellschaft. Bei einer Mitbenutzung ihrer
Strecke erwartete man Probleme in der
Betriebsführung. Der Einfachheit halber wurde dann
der Kauf entschieden und die Bahn mit gesamtem
Zubehör und Personal am 1. April 1846 übernommen.
Nach der feierlichen Probefahrt vom 02. August 1846
folgte am 07. August die offizielle Eröffnung des
Personenverkehrs von Potsdam bis zur Magdeburger
Friedrichstadt. Ein durchgehender Betrieb war aber
noch nicht möglich. Erst zum 15. September 1846
wurde bei Potsdam die Havelbrücke, eine Drehbrücke,
fertig gestellt. Außerdem bedurften die Anlagen der
ehemaligen Berlin - Potsdamer Eisenbahn bedeutender
Erweiterungen und Veränderungen. In Magdeburg erfolgte die
Fertigstellung der Brücken und Bahnhofsanlagen erst
im Jahre 1848. Der durchgehende Betrieb von Berlin
über Magdeburg und Hannover nach Köln wurde am 19.
August 1848 eröffnet.
Nach und nach entstanden immer mehr Hauptstrecken,
die strahlenförmig von Berlin ausgingen, ohne dass
in der weiteren Umgebung Querverbindungen
geschaffen wurden. In den 70er Jahren des 19.
Jahrhunderts regten sich folglich Interessen, um
Bahnverbindungen als eine Art zweiter Ring um Berlin
zu errichten. Dem Arrangement des damaligen
Brandenburger Bürgermeisters Reuscher ist es zu
verdanken, dass es zur Bildung eines Komitees für
den Bau einer Bahn von Rathenow über Brandenburg
nach Belzig kam. Am 25. Juni 1879 wurde ein Antrag
für den Beginn der allgemeinen Vorarbeiten zur
Errichtung einer Eisenbahnlinie von Rathenow über
Brandenburg und Belzig nach Jüterbog beim
Ministerium der Öffentlichen Arbeiten gestellt und
am 20. August 1879 genehmigt. Ein Anfang war gemacht,
aber bis zur endgültigen Bau- und
Betriebsgenehmigung sollten noch mehr als zwei
Jahrzehnte vergehen. Erst am 11. Februar 1901
erteilte die „allerhöchste Konzessionsurkunde“ die
endgültige Genehmigung für die Brandenburgische
Städtebahn.
Was so lange erstrebt wurde, verwirklichte sich
endlich am 25. März 1904 mit der Inbetriebnahme der
Gesamtstrecke von Treuenbrietzen nach Neustadt
(Dosse).
Werbeplakat
der Brandenburgischen Städtebahn.
Eine weitere Bahnverbindung erhielt Brandenburg
durch den Bau zweier Strecken der Westhavelländichen
Kreisbahnen (WHKB) mit der Linie Brandenburg Krakauer Tor -
Roskow - Röthehof, eröffnet am 28. März 1901, und
der Linie Brandenburg-Altstadt - Roskow, eröffnet am
01. Oktober 1904.
Ein Zug der WHKB vom Altstadt Bahnhof der
Brandenburgischen Städtebahn kommend hat den
Silokanal überquert und kreuzt gleich hinter der
Brücke die Landstraße nach Fohrde
Bereits zum Ende des 19. Jahrhunderts schloss
die Stadtgemeinde Brandenburg a. H. durch den
Magistrat einen Bau- und Betriebsvertrag mit der
Kommanditgesellschaft Havestadt, Contag & Co. für
eine Straßenbahn mit Pferdebetrieb.
Am 01. Oktober 1897 war es dann soweit, der Betrieb
auf einem Teilstück (Nikolaistraße - Hauptstraße -
Staatsbahnhof) der geplanten Ringlinie konnte
eröffnet werden. Die Schnelligkeit der Bahn litt
aber unter den häufigen Sperrungen der vielen
Klappbrücken, bedingt durch den starken
Schifffahrtsverkehr durch den Schleusenkanal und die
Stadtschleuse. Die Pferdebahn blieb nach
anfänglichen Gewinnen wirtschaftlich unlohnend. Nach
langen Verhandlungen mit der Betreiberin kaufte die
Stadt Brandenburg die Pferdebahn. Eigentum und
Betrieb gingen ab dem 01. April 1910 in die Hände
der Stadt über. Schon ein Jahr nach der Übernahme
konnte der elektrische Betrieb eröffnet werden.
Im Frühjahr 1912 begannen die ersten Vorarbeiten für
die geplante Straßenbahn der damals noch
selbständigen Stadt Plaue. Diese Linie nahm ihren
Anfang in Plaue in der Genthiner Straße und führte über Margarethenhof, Plauer
Landstraße zur
Landesirrenanstalt (damaliger Name) zum Anschluss an die dort endende
Strecke der Straßenbahn der Stadt Brandenburg.
In der heutigen Zeit ist Plaue wieder ohne
Straßenbahn, die Strecke endet in der
Anton-Saefkow-Allee. Auf dem ehemaligen Bahndamm
neben der Plauer Landstraße führt nun ein Fahrradweg
entlangt.
Eröffnung
des elektrischen Straßenbahnbetriebes am 01. April
1911
Aufnahme Ecke Hauptstraße/ Steinstraße
Nachdem Berlin 1871 zur Hauptstadt des deutschen
Kaiserreiches wurde, profitierte die ganze Region
von einem enormen Wirtschaftswachstum. Die
Wasserstraßen erfuhren bedeutende Erweiterungen. Zur
Entlastung der schwierigen Haveldurchfahrt durch
Brandenburg begannen im August 1907 die Arbeiten am
Silokanal, der sich nördlich und westlich an der
Stadt vorbeizieht. Zuvor erhielt die in der Krakauer
Vorstadt zwischen 1881 und 1883 gebaute neue
Vorstadtschleuse von 1906 bis 1909 eine weitere
Anlage als Schleppzugschleuse. Der Silokanal
ermöglichte Brandenburg auch die Anlage eines
eigenen Hafens. Am 19. November 1910 fand die
Verkehrsübergabe statt.
Im Laufe der weiteren Jahre entwickelte sich der
Kraftverkehr zu einem immer stärkeren
Verkehrsträger. Wenn auch für den Bau der Autobahnen
in den 1930er Jahren andere Gründe ausschlaggebend
waren, hat ihre Existenz maßgebenden Anteil an der
wirtschaftlichen Entwicklung. Mit der Autobahn von
Berlin ins Ruhrgebiet, also West-Ost-Achse, in
geringer Entfernung zu Stadt, hat Brandenburg auch
hier Anschluss an eine der ganz großen Routen.
Bei den Verkehrsanlagen waren immer wieder
Erweiterungen und Ausbauten erforderlich, um sie den
Erfordernissen anzupassen. Entbehrliche bzw. nicht
mehr benötigte Anlagen wurden stillgelegt und
verschwanden teilweise auch wieder. Beispiele
hierfür sind der Wolterdorfer Altkanal mit Plauer
Schleuse, nach Erweiterung des Plauer Kanals und
Neubau der Schleuse Wusterwitz, nicht mehr
nutzbar, und die Westhavelländischen Kreisbahnen. Hier
konnte der Kraftverkehr das ohnehin geringe
Verkehrsaufkommen billiger bewältigen. Die Strecken
und Anlagen verschwanden. Nur einige Gebäude und
Bahndämme erinnern noch an ihre Existenz.
Nicht ganz unerwähnt bleiben soll der Flugverkehr,
obwohl er in Brandenburg meist nur militärischen
Zwecken diente. Da gab es den Flugplatz der Arado
Flugzeugwerke in Neuendorf und die beiden Flugplätze
der NVA und der Sowjetischen Streitkräfte bei
Briest, heute größtenteils mit einer
Photovoltaikanlage überbaut. Nur der Segelflugplatz an der Mötzower Landstraße
wird derzeit noch für den Sport genutzt.
© H. M. Waßerroth
Vers. 2.1.0. vom 27.11.2021
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