Die Beetzseenkette

In der Nähe der Stadt Brandenburg an der Havel erstreckt sich in Nord-Süd-Richtung eine 30 km lange Seenkette; sie wird als Beetzsee im weiteren Sinne bezeichnet und umfasst sechs einzelne Seen. In den letzten Jahrzehnten haben diese Wasserflächen mit ihren angrenzenden Ufern für die Erholung und den Wassersport immer mehr an Bedeutung gewonnen. Die Zeltplätze der Orte Butzow, Gortz, Grabow und Ketzür, die zahlreichen Bungalow-Siedlungen sowie die Regattastrecke sind dafür eindeutige Beweise. Der Grund hierfür liegt wohl zum größten Teil darin, dass sich die Seenrinne abseits der ostwestwärts verlaufenden Unteren Havel-Wasserstraße befindet und somit kaum von der Schifffahrt berührt wird. Insofern ist es verständlich, dass der Beetzsee mit seinem Ufersaum zu einem bevorzugten Naherholungsziel für viele Brandenburger aber auch von weiter her geworden ist.

Blick von der Gaststätte "BeetzseeTerrassen" Richtung Brandenburg, © H. M. Waßerroth

   

Die großen Seen in unserer Umgebung lassen sich hinsichtlich ihrer Entstehung und ihrer Gestalt in zwei unterschiedliche Grundformen einteilen. Sie werden als Becken- und Rinnenseen bezeichnet. Bei den letztgenannten reihen sich einzelne Seen perlschnurartig aneinander; ihre Tiefe ist recht beachtlich, die Breite oft gering, und die Ufer werden vielfach von einer hügeligen Landschaft gesäumt. Diese Merkmale treffen auch für den Beetzsee zu, so dass er zu den Rinnenseen gezählt werden kann.

Über die Bildung der Rinnenseen bestehen in der Wissenschaft noch unterschiedliche Ansichten. Wie alle Seen in der Umgebung geht auch die Entstehung der Beetzseenkette bis in die Eiszeit zurück. Untersuchungen in vergletscherten Gebieten wie Grönland und Island haben zu der Ansicht geführt, dass die Ausstrudelung einen wesentlichen Anteil an der Seenbildung gehabt haben muss. So bildeten sich als große Vertiefungen die Rinnen vor oder unter und zwischen dem Eisrand. Eine Einebnung erfolgte trotz des Eisrückganges nicht, da die ausgestrudelten Gräben sich mit herabstürzenden Eismassen füllten. Erst nach dem viel späteren Auftauen füllten sich die Hohlräume mit Wasser.

Der Beetzsee im weiteren Sinne zieht sich, wie aus der nebenstehenden Kartenskizze ersichtlich ist, als lange Seenrinne von Brandenburg aus nord- und nordostwärts. Diese als Beetzseerinne bezeichnete glaziale Rinne reicht bis zwischen die Nauener Ortsteile Ribbeck und Berge.

Anfangs sind die Ufer flach, doch hinter Radewege wird das Gelände bis Groß Behnitz bei Nauen hügelig. Die Ostseite des Beetzsees wird von einer typischen Grundmoränenlandschaft begrenzt. Hier liegt die größte zusammenhängende Lehmfläche unserer Umgebung, die zum „Hohen Havelland“ gehört. Das westlich gelegene Gelände ist dagegen eine Staumoränenlandschaft, wo Lehm, Kies, Talsand und Dünensand wechseln. Große Gebiete werden vom Wald eingenommen. Zu den Staumoränenzügen gehören unmittelbar am Westufer der 59 Meter hohe Hasselberg bei Butzow, der 62 Meter hohe Mühlenberg bei Ketzür, der 60 Meter hohe Flachsberg gegenüber von Lünow, der Hüselberg bei Bollmannsruh und der Mühlenberg bei Bagow.

    

 Eingebettet in eine hügelige Landschaft, der Bagower See, © H. M. Waßerroth

   

 Badestrand am Zentralen Pionierlager Bollmannsruh auf einer ungelaufenen Ansichtskarte von 1973, H. M. Waßerroth

 Teil des Ketzürer Sees bei Butzow, © H. M. Waßerroth

    

Ursprünglich bildeten die 6 Seen, der eigentliche Beetzsee mit 3,85 km2, der Ketzürer See (auch Butzower See genannt) mit 1,79 km2, der Bagower See (teilweise auch oberer Beetzsee genannt) mit 2,58 km2, der Riewender See mit 1,02 km2 und der Groß- und Klein-Behnitzer See mit 0,22 und 0,11 km2 eine Wasserfläche von ca. 30 Kilometern Länge. Alle Seen messen heute insgesamt rund 9,59 km2. Der Beetzsee im engeren Sinne, der sich von Brandenburg bis zur Pählbrücke erstreckt, ist der größte. Seine Länge beträgt 7 km. Innerhalb der Seenkette haben sich nach und nach an flachen Stellen vertorfte Riegel gebildet, durch die ein schmaler Wasserlauf je zwei benachbarte Seen verbindet. Diese engen Stellen führen den Namen „Streng“. So verbindet der Lünower Streng den Ketzürer und den Bagower See, während der Päwesiner Streng zwischen dem Bagower und dem Riewender See liegt. Der Verbindungsgraben zwischen dem Beetzsee und dem Ketzürer See heißt die Pähle. Der Name „Pähle“ bedeutet Sumpf (palus = der Sumpf).

Der Groß Behnitzer See ist mit dem Klein Behnitzer See durch den um 1900 künstlich geschaffenen Fischergraben und der Klein Behnitzer See mit dem Riewendsee durch den ebenfalls künstlich angelegten Klinkgraben verbunden. Ursprünglich existierte statt der heutigen zwei Seen (Groß und Klein Behnitzer See) nur ein langgestreckter See. Noch im späten 18. Jahrhundert waren Groß Behnitzer und der Klein Behnitzer See ein zusammenhängendes Gewässer, der Behnitzer See. Dessen Wasserstände wurden durch einen Mühlenstau erhöht. Am Klinkgraben stand an der heutigen Klinkbrücke eine Wassermühle, die 1173 erstmals urkundlich erwähnt wurde. An dieser Stelle wurde außerdem später ein Damm geschüttet und eine Heerstraße von Rathenow nach Osten erbaut. Um 1782 ließen die damaligen Gutsherren, die Grafen von Itzenplitz, den Klinkgraben begradigen. Dadurch wurde ein schnellerer Abfluss und ein weiteres Absinken des Seewasserspiegels erreicht und beide Behnitzer Seen verloren deutlich an Volumen und Fläche. Im 19. Jahrhundert war der Mittelteil des Behnitzer Sees so weit verlandet, dass zwei Seen entstanden (Groß und Klein Behnitzer See). Um 1900 zog man zwischen dem Groß Behnitzer See und dem Klein Behnitzer See den Fischergraben und baute ihn entsprechend aus, um den Wasserabfluss zu regulieren. Durch den Wegfall des Mühlenstaus und die Begradigung und den Ausbau des inkgrabens und des Fischergrabens sank der Wasserspiegel des Klein Behnitzer Sees weiter ab. Zur Verhinderung der vollständigen Verlandung des Sees, wurde 1933 an der Stelle der ehemaligen Klinkmühle ein Stauwehr errichtet. Im Ergebnis konnte der Seewasserspiegel um etwa einen Meter angehoben werden. Die verlorenen Wasserflächen werden heute von moorig, sumpfigen Böden und einem ausgedehnten Schilfgürtel bedeckt.

    

Blick von der Gaststätte "BeetzseeTerrassen" Richtung Radewege, © H. M. Waßerroth

     

 Blick auf Radewege, ungelaufene Ansichtskarte von 1920

 

Das Südende des Beetzsees wird bei Brandenburg durch die Homeyenbrücke und den Grillendamm überschritten. Sie bildeten den Pass, der die Verbindung zwischen der östlichen und der westlichen Beetzseelandschaft herstellte, bis später die Pählbrücke hinzukam. Die südlichen Teile der Seenkette sind ab 1883 schiffbar gemacht worden und schrittweise für Plauermaß-Schiffe ausgebaut. In den 1960er Jahren endete hier die Frachtschifffahrt. Die Beetzsee-Riewendsee-Wasserstraße ist 21,54 km lang und reicht von Brandenburg bis zum Ende des Riewendsees.

 Der Riewender See, © H. M. Waßerroth

    

Im See wurden umfangreiche Lotungen bei Mittelwasser durchgeführt. Das Becken des eigentlichen Beetzsees ist trogförmig. Der Seeboden senkt sich von den Rändern ziemlich gleichmäßig zur Mittelrinne, die in der Mitte ihrer Länge ihre größte Tiefe von 9 Metern erreicht. Die mittlere Tiefe beträgt 3,5 Meter. Im Ketzürer See misst die tiefste Stelle ebenfalls 9 Meter.

Durch die überall gleichmäßige Absenkung des Seegrundes ist eine Inselbildung schlecht möglich. In dem Rinnensee findet sich daher nur eine natürliche Insel, die im Bagower See bei Lünow liegt. Etwa 4 Hektar groß, hat diese Insel eine Länge von 300 Meter und eine Breite von 150 Meter. Die "Möweninsel Buhnenwerder" wurde am 1. April 1930 wegen der reichen und bemerkenswerten Vogelfauna unter Schutz gestellt und ist das älteste Naturschutzgebiet der Stadt Brandenburg an der Havel. Sie beherbergte einst mit bis zu 1000 Brutpaaren eine der größten Lachmöwenkolonien in der Mark Brandenburg. Nach 1957 haben hier die Lachmöwen ihre Brutkolonie aufgegeben. Dafür können nun eine Vielzahl anderer brütender Vogelarten auf der Insel beobachtet werden.

    

 Die Möweninsel Buhnenwerder aufgenommen am 10.12.2017, Quelle: Wikipedia, Foto; Gregor Rom

    

Die heute zweite Insel im Beetzsee, 120 Meter lang und 70 Meter breit und liebevoll Acapulco genannt, ist 1968/69 künstlich durch Durchstich der Landzunge Hünensteg für den Bau der Regattastrecke entstanden. Im Herbst 2009 musste die Insel für die Herrichtung der Regattastrecke für internationale Wettkämpe "wandern". Eine 27 mal 70 Meter große Fläche im Westen der Insel wurde abgebaggert und an der Südostseite wieder aufgeschüttet. Nach dieser Radikalkur hat diese künstliche Insel ihre ehemalige Schönheit und aber auch Beliebtheit bis heute nicht wieder erlangt. Die 44 neu gepflanzten Silberweiden, Schwarzpappeln u.a. sind noch kein richtiger Ersatz für die 43 gefällten prächtigen Pappeln, die so gut Schatten spendeten. Hochwasserschäden, im Beetzsee wieder versunkene Sandmassen des neuen Teils, Wildschäden, die Natur braucht halt auch ihre Zeit.

       

 Renaturierung des Hünenstegs 2010, Aufnahme: www.stadt-brandenburg.de

  

Die neue Insel Hünenstegs, besser bekannt als Acapulco, Aufnahme 26.11.2017, Quelle: Wikipedia, Foto; Gregor Rom

 

Diese Angaben bestätigen also, dass Rinnenseen langgestreckte, schmale und tiefe Gewässer sind.

Durch den geringen Höhenunterschied zwischen dem Beetzsee und der Havel wird der Abfluss des Beetseewassers stark beeinträchtigt. Auch das zügige Abfließen zwischen den einzelnen Teilen der Seenrinne wird durch die Einschnürungen an den vertorften Riegeln verhindert. Diese Tatsachen tragen dazu bei, dass in dem stehenden Beetzseewasser ein Sauerstoffmangel auftritt und der Schwefelwasserstoff immer mehr zunimmt. Heute zeigt sich schon dreiviertel Meter unter dem Wasserspiegel ein hoher Gehalt an Schwefelwasserstoff. Damit hängt es auch zusammen, dass das Wasser gegenüber fließendem Gewässer relativ getrübt ist. Der Krautbestand und die Kleinlebewesen gehen an dem Lichtmangel und dem Schwefelwasserstoff zugrunde. Auch dem Hecht und dem Schlei bietet das Wasser keine guten Lebensbedingungen. Dennoch ist der See nicht wertlos, die vielen Reusen in flachen Bereichen bestätigen das. In ihm finden sich große Bestände an Bleien, Plötzen und Ukeleis. Durch Einsetzen des Zanders als Raubfisch werden sie zur Nahrung. Der Beetzsee ist mit der Zeit ein Zander-Aal-See geworden. Doch sind seine Erträge im Vergleich zu denen der Ober- und Unterhavel bedeutend geringer.

Durch Eröffnung der Regattastrecke 1969 wurde der Name unseres Beetzsees weit über die Grenzen bekannt. Seine Bekanntheit beschränkte sich nun nicht mehr auf die Region und das Wissen vom Text des Bollmannliedes. Der Fritze-Bollmann-Brunnen, heute in der Fußgängerzone der Hauptstraße, befand sich viele Jahre vor der Badeanstalt am Grillendamm am Südende des Beetzsees.

 Fritze-Bollmann-Brunnen am Grillendamm um 1926, Slg. H. M. Waßerroth

   

 Heute grüßt Fritze Bollmann alle Bootführer auf dem Beetzsee am Beginn der Regattastrecke, © H. M. Waßerroth

     

     

Name Größe max. Tiefe Mittl. Tiefe gr. Länge gr. Breite
Beetzsee 385,8059 ha ̴9,00 m 3,50 m 6015 m 1239 m
Ketzürer See 179,6384 ha 8,0 m 3,50 m 2159 m 1392 m
Bagower See 258,4154 ha 8,0 m   4257 m 1267 m
Riewendsee 102,0179 ha 7,0 m   2650 m 696 m
Großbehnitzer See 21,7101 ha     1200 m 200 m
Kleinbehnitzer See 11,1405 ha     700 m 200 m
gesamt 958,7282 ha        
(Länge und Breite sind effektive Werte)

Stand 03.04.2012, LUGV Brandenburg, Ref. Ö 4

 

 

 

1969 von Friedrich-Karl Grasow

überarbeitet und ergänzt von H. M. Waßerroth

Vers. 2.4.0. vom 07.06.2022

© Harumi Michelle Waßerroth